Werbeplakat für Luftschiff Viktoria Luise

Im Jahr 1909 wurde die DELAG als erste Luftfahrtgesellschaft der Welt gegründet

„Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen!“ Ferdinand Graf von Zeppelin, Gründer der DELAG.

1863 tobt in den Vereinigten Staaten der amerikanische Bürgerkrieg. Als von Präsident Lincoln autorisierter Beobachter erlebt der 25-jährige Leutnant der Württembergischen Armee Ferdinand Graf von Zeppelin, wie Heißluftballons mit bewaffneten Schützen in den Himmel steigen, um die Bewegungen der feindlichen Truppen zu verfolgen. Und er kann sogar selbst an einer Ballonfahrt teilnehmen. Eine nicht ungefährliche Aktion, denn Freiballons sind nicht lenkbar. Wohin sie treiben, entscheidet der Wind.

Noch in Amerika beginnt Graf von Zeppelin, über einen lenkbaren Ballon nachzudenken. Die Vision von einem in jede Richtung steuerbaren Luftschiff sollte ihn nicht mehr loslassen. Zurück in Europa beendete er 1891, wohl wegen einer Intrige, als hochdekorierter Offizier seine militärische Karriere und widmete sich von nun an der Entwicklung lenkbarer Starrluftschiffe.

Porträtgemälde Graf von Zeppelin
Graf von Zeppelin (um 1900)

Nach vielen Rückschlägen war 1909 dem 71-jährigen Ferdinand Graf von Zeppelin endlich der Durchbruch gelungen. Die von ihm entwickelten Starrluftschiffe waren nicht die ersten und einzigen Luftschiffe, aber nur sie setzten sich letztlich durch. Das sechste der von seiner Zeppelin GmbH gebauten Luftschiffe – LZ  6 – erwies sich als so zuverlässig, dass es für den Passagierdienst geeignet schien.

Aber nicht immer besitzen Erfinder das Talent, ihre Innovationen selbst zum geschäftlichen Erfolg zu führen. Dazu bedarf es dann der vom Grafen belächelten „Krämerseelen“, die unternehmerisch denken und das Gespür für Marktchancen haben. So war es wohl Alfred Colsman, der Geschäftsführer der Luftschiffbau Zeppelin GmbH, der mit der Idee einer eigenen Passagierverkehrsgesellschaft das Unternehmen aus der Krise holte. Im Auftrag des Grafen gründete Colsman am 16. November 1909 die erste Fluggesellschaft der Welt, die Deutsche Luftfahrt-Aktiengesellschaft (Delag). Daran beteiligt waren Hugo Eckener als Prokurist und der Frankfurter Oberbürgermeister Franz Adickes.

Dieses Team agierte außerordentlich professionell. Colsman koordinierte die kaufmännische Arbeit des gesamten Firmengeflechts rund um den Luftschiffbau, Adickes besorgte Kapital und Landegenehmigungen von anderen deutschen Großstädten, und Eckener war ein begnadeter Presseprofi und Luftschiffer.

Der Beginn der Ära des komfortablen Luftreisens

Als erster Zeppelin im Dienst der Delag fuhr LZ 6 im August 1909 mit zwanzig Passagieren vom Bodensee nach Berlin. Das 144 m lange Luftschiff hatte eine Reichweite von 2000 km; die Höchstgeschwindigkeit betrug fast 60 km/h. Noch deckte der Fahrbetrieb nicht die Kosten, erst am 20. Juli 1911 war es so weit: Mit acht zahlenden Gästen und ebenso vielen Besatzungsmitgliedern an Bord erhob sich bei traumhaftem Sommerwetter unter Führung von Hugo Eckener als Kapitän das erste kommerziell erfolgreiche Luftschiff der Delag, LZ 10 Schwaben, und nahm Kurs auf Luzern. Über Zürich, Winterthur und Frauenfeld ging es dann zurück zum Bodensee. Überall jubelten die Menschen und bestaunten dieses silberne Wunder am Himmel.

Der Passagierdienst mit Flugzeugen begann erst Jahre später. Die erste Fluggesellschaft Europas war 1919 die Deutsche Luft-Reederei mit Linienflügen von Berlin nach Weimar. 1926 folgte die Lufthansa (Deutsche Luft Hansa) mit regelmäßigen Verbindungen zwischen Berlin, Stuttgart und Zürich.   

LZ 6 über Berlin. Mit diesem Luftschiff eröffnete 1909 die erste Luftfahrtgesellschaft der Welt, die Delag, den Passagierdienst

Die ersten Zeppeline im Fahrdienst

In der Folgezeit konnten weitere Zeppeline im Delag-Fahrdienst eingesetzt werden (LZ 11 Viktoria Luise, LZ 13 Hansa, LZ 17 Sachsen). Bis 1913 entstand so ein Verkehrsnetz zwischen wichtigen Städten des Kaiserreichs wie Friedrichshafen, Düsseldorf, Potsdam, Frankfurt/M., Hamburg, Dresden und Leipzig. Bei vielen dieser Fahrten handelte es sich allerdings um Ausflugstouren für Touristen mit jeweils gleichem Start- und Landepunkt. Die in der Regel immer ausgebuchten Luftschiffe beförderten bis zu fünfundzwanzig Fahrgäste und darüber hinaus Postsäcke, die aus geringer Höhe abgeworfen wurden.  Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges unternahm die Delag-Flotte 1.600 Rund- und Zielfahrten in Deutschland und der Schweiz mit insgesamt 35.000 Passagiere. Trotz einiger brenzliger Situationen verliefen alle Touren unfallfrei.

Auch im höheren Alter war der Tatendrang des Grafen ungebremst. 1912, mit 74, ließ er auf einem von ihm erworbenen Gelände in Potsdam die größte Luftschiffhalle der Welt errichten. Der Graf hatte vor, hier Zeppeline fertigen zu lassen und Potsdam zum Luftfahrtzentrum Europas auszubauen. Die Delag startete vom Potsdamer Luftschiffhafen aus noch zu etwa 100 Rund- und Zielfahrten, dann machte der Erste Weltkrieg die Zukunftspläne zunichte. Bis 1916 wurden in der Potsdamer Werft nur noch Kriegsluftschiffe gebaut.

Werbeplakat für Luftschiff Viktoria Luise
LZ 11 Viktoria Luise beförderte ab 1912 als Passagier- und als Schulschiff der Delag über 22.000 Personen

Im Ersten Weltkrieg mutierten die Zeppeline zu einer mörderischen Waffe der deutschen Armee. Als Langstreckenbomber warfen sie ihre tödliche Fracht vorwiegend über London, Paris und Brüssel ab. Kriegsentscheidend waren die Zeppeline nicht; immer häufiger wurden sie von kleinen, wendigen Jagdflugzeugen vom Himmel geholt. Von den 96 eingesetzten deutschen Zeppelinen stürzten 72 durch Beschuss, Unwetter, Gasverlust oder Motorschäden ab oder strandeten. Mindestens 380 junge Männer verloren dabei ihr Leben.

Luftschiff Viktoria Luise
1914 und 1915 war LZ 11 Viktoria Luise im Marine- und Heeresdienst im Einsatz

Die Wiederaufnahme der zivilen Luftschifffahrt durch die Delag nach dem Ersten Weltkrieg erlebte der Graf nicht mehr. Ferdinand Graf von Zeppelin starb 1917 im Alter von 79 in Berlin an den Folgen einer komplizierten Operation. Bei seinem Staatsbegräbnis schwebten zwei seiner Zeppeline lautlos über dem Pragfriedhof in Stuttgart.

1935 wurde Delag von der neu gegründeten Deutschen Zeppelin Reederei GmbH (DZR) übernommen. Die DZR, an der auch das NS-Regime Anteile hielt, sollte als Betreiber der Graf Zeppelin und der Hindenburg, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt war, tätig sein. Dem Missbrauch der beiden Zeppeline für die Nazi-Propaganda war damit Tür und Tor geöffnet.

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