Flugschiff auf dem Wasser

Das Flugboot Dornier Do X – ein Gigant der Lüfte

Der 27. August 1931 war der Höhepunkt der spektakulären Weltumrundung eines ganz neuen Flugzeugtyps, der Do X. An diesem Tag landete dieses Flugschiff von gigantischen Ausmaßen im Hafen von New York und wurde von der Presse und Tausenden jubelnder Zuschauer gefeiert. US-Präsident Herbert Hoover war so begeistert, dass er der Besatzung eine Einladung ins Weiße Haus aussprach. Doch bereits zwei Jahre später verschwand die Do X wieder vom Himmel.

Die Do X – ein schwimmender Koloss, der fliegen kann

Die Do X war seinerzeit das bei weitem größte Flugzeug der Welt – ein schwimmender Gigant, dem nach Überzeugung ihres Konstrukteurs Claude Dornier die Zukunft der Transatlantikfliegerei gehören würde. Doch es sollte bei dieser Vision bleiben. Dass die Do X im Mai 1933 außer Dienst gestellt wurde, lag nicht allein an sicherheitsrelevanten Problemen und den hohen Bau- und Betriebskosten, sondern auch an ihrem nach Meinung der neuen Machthaber in Deutschland geringen militärischen Nutzen. Geblieben sind nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs von dem Flugschiff lediglich einige Metallstücke, ein Propeller, ein abgebrochenes Leitwerk – und die Erinnerung an ein technisches Wunderwerk.

Im Oktober 1929 hatte die Do X einen Demonstrationsflug mit 169 Personen an Bord (ein Weltrekord, der erst 1950 von der Lockheed Constellation überboten wurde) über dem Bodensee erfolgreich absolviert; ein Jahr später bekam sie die offizielle Zulassung als Verkehrsflugzeug. Das war fast genau ein Jahr nach der spektakulären Weltumrundung des Luftschiffs Graf Zeppelin.

Salon im Flugboot
Blick in den Salon

Eingerichtet wie ein Luxusliner

In den Friedrichshafener Zeppelinwerken, in denen Claude Dornier als junger Ingenieur gearbeitet hatte, betrachtete man das neue Flugzeug mit gemischten Gefühlen. Technisch und wirtschaftlich hatten Luftschiffe noch die Nase vorn: Die Do X übertraf zwar mit 175 km/h die Reisegeschwindigkeit der Graf Zeppelin (ca. 125 km/h), ihre maximale Reichweite betrug aber nur 2.300 km (Graf Zeppelin: 12.000 km). Doch jetzt schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis auch Flugzeugen die Überquerung des Nordatlantiks nonstop möglich sein würde. Und die DO X konnte mit einem Komfort aufwarten, den man in den kleinen und engen Passagiermaschinen mit ihren kaum mehr als zwölf Plätzen nicht kannte.

Maschinenraum im Flugboot
Die Maschinenzentrale der Do X

Das 40 m lange Flugboot hatte drei Decks. Im oberen Deck befanden sich das Cockpit, die Räume der zwölfköpfigen Crew und die Maschinenzentrale für die zwölf Motoren, die an sechs Doppelgondeln über der Tragfläche für den Antrieb sorgten. Das mittlere Deck beherbergte Salon und Bar, Speiseraum und Sitzreihen für die Passagiere, und im unteren Deck befanden sich Treibstofftank und Gepäckraum. Ausgelegt war die DO X für maximal 159, auf Fernstrecken für 75 Fluggäste.

Speisesaal im Flugboot
Blick in den Speisesaal

Ein Schiff fliegt um die Welt

Um den internationalen Verkauf anzukurbeln, startete die Do X am 5. November 1931 zu ihrem sogenannten Repräsentationsflug rund um die Welt. Erstes Ziel war Amsterdam, dann ging es über West- und Südeuropa via Gran Canaria und Rio de Janeiro weiter nach Miami und New York. Doch aus den erhofften Verkäufen wurde nichts. Die Welt litt nach dem Börsencrash von 1929 unter der Wirtschaftskrise. Hinzu kamen skeptische Stimmen von Luftfahrtexperten, die die Do X für zu störanfällig hielten.

Flugboot am Anleger
Landung auf dem Müggelsee (1932)

Das Ende einer Ära

Im Mai 1932 flog die Do X von New York zurück nach Deutschland und landete dort nach einigen Zwischenstopps fünf Tage später unter großem Jubel auf dem Berliner Müggelsee. Nach einigen Flügen über Deutschland und der Schweiz stieg die Do X nie wieder auf. Aber als Ausstellungsobjekt im Luftfahrtmuseum in Berlin begeisterte sie weiterhin die Menschen – bis die Bomben des Krieges ihr Schicksal endgültig besiegelten.  

Beendet war die Ära der großen Flugschiffe damit zunächst noch nicht. Als bestes und komfortabelstes Flugboot gilt bis heute der riesige Boeing 314 Yankee Clipper von Pan American Airways. Im Juni 1939 nahm der Yankee Clipper den regulären Flugbetrieb zwischen New York und Southhampton und später auch über den Pazifik auf. Bis zu 77 Passagiere wurden mit einem Komfort verwöhnt, den heute nur noch Fluggäste in der Ersten Klasse geboten bekommen. Sieben Privatabteile und Schlafkojen für alle Passagiere machten die Langstreckenflüge zu einem angenehmen Erlebnis.

Flugboot beim Starten
Der Boeing 314 Yankee Clipper von Pan American Airways (1939)

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war die goldene Zeit der großen fliegenden Schiffe dann endgültig vorbei. Landgestützte Flugzeuge erwiesen sich für den Passagierverkehr als wirtschaftlicher, robuster und wetterunempfindlicher. Ganz verschwunden sind die Flugboote nicht. In Inselregionen und als Lösch- und Beobachtungsflugzeuge versehen sie nach wie vor wertvolle Dienste.

Reisen damals-Tipp: Das Dornier Museum in Friedrichshafen
Seit seiner Eröffnung im Jahr 2009 präsentiert das Dornier Museum in einem futuristischen Museumsbau und auf einer riesigen Freifläche zahlreiche Flugzeuge, Flugzeugmodelle und sonstige Exponate zur Luft- und Raumfahrt. Ausstellungs-Highlights sind der Do 27 Flugsimulator (für einen virtuellen Rundflug über den Bodensee), die Nachbauten der Dornier Wal und Dornier Merkur, der Raumfahrt-Bereich und die originalgetreue Rekonstruktion des Speiseraums der Do X. Ein 1933 bei einer Havarie in der Nähe von Passau abgebrochenes Leitwerk kann im Dornier-Museum noch besichtigt werden. Viel mehr ist von der Do X leider nicht erhalten. (Das Dornier Museum befindet sich nur wenige Busminuten entfernt vom Zeppelin Museum Friedrichshafen, das ebenfalls einen Besuch lohnt (www.zeppelinmuseum.de).
www.dorniermuseum.de

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