Damper auf dem Meer

Der Ozeanriese Imperator: des Kaisers liebster Dampfer

Am 23. Mai 1912 lief im Hamburger Hafen der Riesendampfer Imperator vom Stapel, nur fünf Wochen nach dem Untergang der Titanic der britischen White-Star-Linie. Kaiser Wilhelm II. war begeistert. Er taufte das neue Flaggschiff der Hapag auf den Namen „Imperator“ – und legte Wert auf den männlichen Artikel. „Der“ Imperator war das erste Schiff einer neuen Schnelldampfer-Flotte der Hapag für den Nordatlantikverkehr. 1913 lief die Vaterland vom Stapel, 1914 die Bismarck, die aber wegen des Kriegsbeginns nicht mehr für den Passagierdienst der Hapag eingesetzt werden konnte. Die Größe der Vaterland wurde erst 1934 von der französischen Normandie mit ihrer Länge von über 300 Metern deutlich übertroffen.

Zum Vergleich: Der Imperator (52.117 BRT) war 276 m lang, die Titanic (46.328 BRT) 270 m. Zugelassene Passagierzahl: rund 4.200 (Titanic: 2.400). Und anders als bei der Titanic stand jedem Passagier ein Platz in einem Rettungsboot zur Verfügung.  Noch größer war die Vaterland (290 m, 55.000 BRT). Ab 1921 fuhr der Imperator als RMS Berengaria unter britischer Flagge.

„Eines der größten Wunderwerke“

Hapag-Direktor Albert Ballin hatte nicht den Ehrgeiz, mit dem Imperator Geschwindigkeitsrekorde zu brechen; er legte Wert auf höchsten Komfort und Luxus für die Passagiere. Die Atlantik-Passage sollte dem Aufenthalt in einem im Pseudo-Louis-XV-Stil gestalteten Grandhotel gleichen – vor allem für die 900 Passagiere der Ersten Klasse.

Postkarte im Innenraum des Dampfers Imperator
Blick in die Erste Klasse der RMS Berengaria (zuvor SS Imperator)

Das Gourmet-Restaurant (geführt von einem Küchenchef des Ritz-Carlton), Wintergarten und Lounge, ein großer Festsaal, erstmalig ein Hallenbad (über drei Decks, aus Marmor im pompejischen Stil) brachten Journalisten wie Karl Friedrich Kurz und Alfred Kerr zum Schwärmen. (Kurz: „eines der größten Wunderwerke, das Menschengeist erdacht hat“, Kerr: „frohlockende Bewunderung“ für das „entwickelteste Schiff der Erde“.)

Speisesaal im Luxusdamper
Lounge in der Ersten Klasse der RMS Berengaria (zuvor SS Imperator), ca. 1922

Der Riesendampfer schlingert

Die Gigantonomie des Imperators war so ganz nach dem Geschmack von Wilhelm II. Auch die mächtige Gallionsfigur am Bug des Schiffes verkörperte seinen Wunsch nach imperialer Größe: Ein goldener Adler (Flügelweite sechzehn Meter) hielt eine Weltkugel mit dem Hapag-Motto „Mein Feld ist die Welt“ in seinen Krallen. Nur Pech, dass ein heftiger Atlantiksturm dem Adler noch vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs die Flügel gestutzt hatte. Ein Menetekel? Der Gott der Meere meinte es nicht gut mit dem Schiff:

Schon auf der siebentägigen Jungfernfahrt nach New York zeigte sich, dass der Dampfer („Schlingerwilli“) unstabil war und zu einer Schräglage neigte. Alles, was rund und nicht befestigt war, rollte von den Tischen. Nicht ohne Schadenfreude verlieh daraufhin die englische Presse dem Imperator den Spitznamen „Limperator“ (to limp = humpeln). Dann brach im Hafen von New York im Passagierbereich ein kleiner Brand aus, der zwar schnell gelöscht werden konnte, aber einen riesigen Wasserschaden verursachte. Als endlich alle Schäden und die Schieflage durch umfangreiche Umbauten behoben waren, begann der Erste Weltkrieg, und das Schiff musste in Hamburg vor Anker gehen.

Dampfer und Segelschiff auf hoher See
SS Imperator (1912)

1921 wurde der Imperator als Reparationsleistung an die britische Cunard-Reederei ausgeliefert. Technik und Einrichtung wurden aufwendig modernisiert und die Kessel von Kohle- auf Ölbrenner umgestellt. Unter dem Namen Berengaria fuhr es dann noch über sechzehn Jahre über den Atlantik und in die Karibik. Trotz einiger Pannen – mal lief das Schiff auf Grund, mal brach Feuer aus – erfreute es sich großer Beliebtheit bei den Passagieren, insbesondere bei Millionären, Filmstars und Künstlern. Nicht ohne Grund galt die Berengeria als das „happy ship“ der Cunard-Linie.

Ein neuer Stern erscheint

1938 wurde das Schiff verschrottet. Inzwischen hatte die Queen Mary die führende Rolle im Atlantikverkehr übernommen. Die berühmte „Königin der Meere“ war bis 1967 für die Cunard-Linie im Einsatz.

Riesiger Dampfer im Hafen
RMS Queen Mary (1936)

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