Polarlandschaft

Die Arktisfahrt der Graf Zeppelin 1931

Es waren eindrucksvolle Bilder, die sich im Juli 1931 den Reisenden an Bord der Graf Zeppelin aus den meist offenen Fenstern der Gondel boten.

„Wer das Polarland im Glanz seiner Gletscher, in der reichen Farbensymphonie seiner glitzernden Schollen und den fantastisch geformten Inseln und Vorgebirgen nicht gesehen hat, weiß nichts vom Schönsten, was unsere Erde zu bieten hat“, schwärmte Luftschiffkommandant Hugo Eckener. Auch Hans von Schiller, einer der wachhabenden Offiziere, war fasziniert: Im arktischen Sommer mit seinen hellen Nächten sei das Spiel des Lichts auf der eisbedeckten Oberfläche unwirklich schön gewesen, schreibt er in seiner Biographie. Es blitzte und blinkte in allen Farben. Schiller beobachtete Robben, Walrosse und sogar Eisbären, die bei der Annäherung des Schiffes jedes Mal mit einem Sprung ins Wasser die Flucht ergriffen.

Hugo Eckener hatte als Direktor der Zeppelinwerke das Luftschiff für die Expedition zur Verfügung gestellt. Mit einem Team internationaler Wissenschaftler, zwei Faltkajaks und einer Überlebensausrüstung für den Fall einer Havarie steuerte er die Graf Zeppelin am 24. Juli 1931 vom Flugfeld in Berlin-Staaken aus in die nordöstlich von Spitzbergen gelegenen weitgehend unerforschten Polarregionen. Mehrere Kameraleute und Journalisten begleiteten die Fahrt, die in der deutschen und internationalen Presse gefeiert wurde. Die Arktisfahrt war die bis dahin größte internationale Expedition, die der Erkundung des nördlichen Eismeers diente. Erst neunzig Jahre später erlebte die Polarforschung mit der Expedition des Forschungsschiffs Polarstern einen ähnlichen Erfolg.

Rendezvous im Packeis

Eine Meisterleistung war die Landung der Graf Zeppelin auf dem Wasser zwischen treibenden Eisschollen. Dieses nicht ungefährliche Manöver verlief perfekt. Dem in der Nähe ankernden sowjetischen Eisbrecher Malygin konnte ein Postsack mit 50.000 Briefen, versehen mit den Zeppelin-Sonderstempeln, übergeben werden. Der Gewinn aus diesem Zusatzgeschäft war beträchtlich.

Luftschiff über der Arktis
1931 trifft die Graf Zeppelin in der Arktis den sowjetischen Eisbrecher Malygin zur Postübergabe. Gemälde von Alexander Kircher (1867-1939)

Am 31. Juli 1931 landete das Luftschiff wohlbehalten auf dem Flugfeld in Berlin-Tempelhof – begrüßt von Tausenden jubelnder Menschen. In fast allen Hauptstädten Europas feierte die Graf Zeppelin nach der Arktisfahrt Triumphe. In Moskau, Helsinki, Stockholm, Kopenhagen, Rom, Budapest oder London – überall wurden dem Schiff lebhafte Ovationen bereitet. Meistens wurde dort auch gelandet und eine Rundfahrt durchgeführt.

Ein Wermutstropfen blieb: Die Graf Zeppelin hätte auf ihrer Arktisfahrt problemlos über die nördlichste Begrenzung der Route hinaus in wenigen Stunden den Nordpol erreichen können. Doch die Versicherungsgesellschaft machte Hugo Eckener einen Strich durch die Rechnung; ihr war das Risiko zu hoch. Der Grund: Drei Jahre zuvor war das Luftschiff Italia von Umberto Nobile auf der Fahrt zum Nordpol abgestürzt. Der Südpolentdecker Amundsen blieb auf der Suche nach den Überlebenden samt seinem Flugzeug für immer verschollen. Eckeners Beteuerung, dass sich ein derartiges Unglück nicht wiederholen könne, überzeugte die Versicherungsmanager nicht.

Die Vision vom interkontinentalen Luftschiffverkehr

Alle Wetter- und Windprobleme konnten, wie auch bei der Testfahrt nach Rio de Janeiro ein Jahr zuvor, nahezu problemlos bewältigt werden. Jetzt, da die Tropen- und die Arktistauglichkeit des Luftschiffs bewiesen war, musste der Weltverkehr mit Zeppelinen kein Traum mehr bleiben. Ob Afrika oder Asien, ob Australien oder Amerika – die Erdteile schienen einander näher gerückt zu sein. Doch mit der Hindenburg-Katastrophe von 1937 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs waren diese Träume geplatzt.

Bildquellen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert