Gemälde von Kaisering Elisabeth

Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn. Reisen, ohne anzukommen

„Unsere Kaiserin, die Reiserin“, spotteten die Wiener über die rast- und ruhelose Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (1837 bis 1898). Von der Bevölkerung wurde „Sisi“ geachtet, vielleicht sogar bewundert, aber nicht geliebt. Zu distanziert war sie, zu selten bekam man sie in der Residenzstadt zu Gesicht. Und dass sie ihren Mann, den allseits geschätzten Kaiser Franz Josef, oft und lange allein ließ, gab zu allerlei Gerüchten Anlass. Elisabeth war, wohlwollend ausgedrückt, eine „schwierige Person“ – eigensinnig, exaltiert und egomanisch. Dass sie nach ihrem tragischen Tod bis heute verehrt wird, hängt mit den vielen Mythen zusammen, die sich um ihr Leben ranken. Mit Romy Schneiders niedlicher „Sissi“ hat die historische Elisabeth allerdings nur wenig zu tun.

Elisabeth hasste die strenge Hofetikette und die Repräsentationspflichten. Sie fühlte sich eingeengt, einsam und überflüssig. Sie wollte selbstbestimmt leben. 1860, da war sie 23, litt sie unter einer Atemwegsinfektion und reiste mit ärztlicher Befürwortung zur Kur nach Madeira, der ersten Station einer Flucht vor dem Wiener Hof und wohl auch vor sich selbst, die lebenslang andauern sollte. Auf der „Insel des ewigen Frühlings“ bezog sie etwas außerhalb der Hauptstadt Funchal die Villa Quinta Vigia, später wohnte sie für mehrere Monate auch im berühmten Reid’s Palace Hotel. Ein halbes Jahr nach ihrer Rückkehr an den Hof erlitt sie einen gesundheitlichen Rückfall, von dem sie sich in Korfu Genesung versprach. Ob die Atembeschwerden wirklich ernsthafter Natur waren oder nur ein Vorwand für ihre Reisen, ist heute umstritten. Auf Korfu blieb Elisabeth zwei Jahre.

Zeichnung Villa auf Korfu
Kaiserin Elisabeths Winterresidenz auf Korfu (1861)

Der Aufenthalt auf der griechischen Insel hatte aus der schüchternen jungen Frau eine selbstbewusste Monarchin gemacht, die sich nichts mehr vorschreiben lassen wollte. Immer wieder verließ sie Österreich und reiste nach Ungarn, Bayern, Meran, Griechenland, England und Irland, nach Sevilla, Malaga, Valencia, auf die Balearen, nach Biarritz, nach Paris, an die Côte d’Azur, nach Genua, Sizilien, ins Osmanische Reich (Troja), nach Algier und Kairo und in die bekanntesten Kurbäder Europas. Geld spielte bei diesem Reisemarathon, auf dem sich „die größte Reisende ihrer Zeit“ nur wenig Pausen gönnte, keine Rolle. An kaum einem Ort sah man sie länger als vier Wochen. Elisabeth fuhr durch Europa meist in einem für die Kaiserin gebauten Hofzug mit einem luxuriösen Salon- und Schlafwagen, begleitet von einer vielköpfigen Entourage. Franz Joseph, der sie Zeit seines Lebens verehrte und sie trotz seiner Affären liebte, schenkte ihr sogar eine eigene Jacht, damit sie bei ihren häufigen Reisen über das Meer unabhängig war. (Er selbst vermied Schiffsreisen, er litt unter Seekrankheit.) Einmal im Jahr verbrachte das Kaiserpaar Urlaubstage an der Côte d’Azur, und in Bad Ischl weilte man des Öfteren zur Kur.

Terrasse einer Luxusvilla
Große Terrasse vor dem Sommerpalast Achilleion auf Korfu
Gemälde mit Badgästen am Strand
Kaiserin Elisabeth, betrachtet von Neugierigen, am Strand von Madeira (1875)

Müßiggang war Elisabeth auf ihren Reisen fremd: Auf Korfu ließ die von der Antike faszinierte Kaiserin einen Palast im pompejanischen Stil bauen, das Achilleion, das man auch heute noch besichtigen kann. Sie erlernte die griechische Sprache und übersetzte sogar Dramen von Shakespeare ins Neugriechische. Griechenland wurde zur „Heimat ihrer Seele“. Elisabeth machte lange Wanderungen auf den abgelegensten Routen und absolvierte täglich ein intensives Fitnesstraining. Ihre größte Leidenschaft war das Reiten, das sie meisterhaft beherrschte. In Irland nahm sie, mit ihren eigens ins Land verschifften Pferden, an Fuchsjagden und Parforceritten teil. In Ägypten ließ sie es sich nicht nehmen, die Pyramiden zu besteigen.

Kaiserin Sisi bei einer Bergtour
Elisabeth (2. v. l.) bei einer Bergtour (1868)

Elisabeth liebte es, kreuz und quer über das Meer zu ziehen, „wie eine Möwe, die nach Freiheit sucht“. Doch diese Freiheit sollte sie nicht finden. Gequält von Stimmungsschwankungen versuchte sie nach dem Selbstmord ihres Sohns, des Kronprinzen Rudolf, sich immer mehr der Öffentlichkeit zu entziehen. Es war nicht nur die Trauer, vermutlich litt Elisabeth unter einer Form der Depression, die durch Unrast, körperliche Hyperaktivität, Magersucht, Selbstwertprobleme und übertriebenen Körperkult gekennzeichnet ist. Ihr exzessives Reisen hat ihre labile Psyche leider nicht kurieren können – auch nicht das Kokain, das sie sich regelmäßig spritzte.

Für ihre rastlosen Kreuzfahrten nutzte Elisabeth häufig die kaiserliche Yacht Miramar. Auf dem Oberdeck des Dampfers befand sich ein kleiner „Blumenpavillon“, von welchem die Kaiserin ungestört das Meer betrachten konnte. Das mit einem Sonnensegel überdachte hintere Sonnendeck war zudem mit Palmen und anderen Grünpflanzen drapiert, die ihr als Sichtschutz dienten.

Historischer Raddampfer
Der Raddampfer Miramar, auf dem Elisabeth das Mittelmeer bereiste.

Ende August 1898 reist Elisabeth von Österreich inkognito an den Genfer See. Am 10. September wartet ein anarchistischer Attentäter darauf, dass die Kaiserin das Grand-Hotel Beau Rivage verlässt. Mit einer spitz zugeschliffenen Feile sticht er vor der Anlegestelle der Fähre nach Montreux auf Elisabeth ein. Elisabeth stürzt zu Boden, steht jedoch wieder auf und geht an Bord. Kurz nachdem das Schiff ablegt, bricht die Monarchin jedoch zusammen und verliert das Bewusstsein. Die Fähre kehrt umgehend zurück. Elisabeth wird ins Hotel gebracht, wo sie um 14.40 Uhr ihren Verletzungen erliegt. Am 12. September 1898 versammeln sich vor dem Beau Rivage rund 15.000 Personen, um Elisabeth die letzte Ehre zu erweisen. Die sterblichen Überreste der Kaiserin werden in einem Extrazug nach Wien überführt und dort am 17. September beigesetzt.  Sie wurde sechzig Jahre alt.

Ansicht von einem Grand Hotel
Grand-Hôtel Beau Rivage, um 1900
Reisen damals-Tipp: Sisi Museum in der Hofburg Wien
Die Wiener Hofburg war über 600 Jahre lang Residenz der österreichischen Landesfürsten. Bis 1918 war die weitläufige Burganlage im Herzen Wiens das politische Zentrum der Monarchie. Heute erfüllt sie dieselbe Funktion für das demokratische Österreich.
Das Sisi Museum in der Hofburg Wien zeigt anhand zahlreicher persönlicher Gegenstände der Kaiserin Elisabeth die wahre Persönlichkeit der vielfach missverstandenen Kaiserin. Der Rundgang durch das Sisi Museum beginnt mit dem Tod der Kaiserin und erzählt Raum für Raum wie der Mythos der Kaiserin Sisi entstand, der nicht zuletzt auch durch die „Sissi-Filme“ von Ernst Marischka stark geprägt wurde.
Die Kaiserappartements von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth in der Hofburg Wien sind eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Wien und geben Einblick in die private Wohnatmosphäre von Franz Joseph & Sisi. 
https://www.sisimuseum-hofburg.at/
Foto von der Hofburg
Die Hofburg Wien

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