Zeichnung Personen in Kleidung am Strand

Usedom – das Mallorca der Kaiserzeit

Der deutsche Badetourismus begann 1872 in Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom – wobei das Baden im Meer zunächst nichts mit dem lockeren Strandleben von heute gemein hatte. Man stieg, wenn überhaupt, in hochgeschlossenen Kostümen von Badekarren aus ins Wasser und ließ weder Luft noch Sonne an den Körper. Dass es auch Kaiser Wilhelm I. auf Usedom gefiel, erwies sich für Heringsdorf und die Nachbarorte Bansin, Ahlbeck und Swinemünde als Glücksfall: Auf Betreiben Wilhelms wurde die Eisenbahnstrecke Berlin-Swinemünde ausgebaut und 1876 eingeweiht. Die Ostsee war nun in knapp drei Stunden von der Hauptstadt erreichbar. Zur Jahrhundertwende galt Heringsdorf mit seinen prunkvollen Sommervillen, Kurhotels und der 500 Meter langen Seebrücke unter den vier „Kaiserbädern“ als fast so luxuriös wie die Badeorte an der Cote d’Azur. (Auch Wilhelm II. weilte oft auf Usedom. Für seine Geliebte, Konsulin Steude, ließ er am Strand von Heringsdorf eine schlossartige Villa bauen.) Künstler und Literaten wie Lyonel Feininger, Johann Strauß, Thomas Mann, Leo Tolstoi und Maxim Gorki gehörten zu den prominenten Gästen, die hier die würzige Seeluft genossen. Etwas lockerer als in Heringsdorf ging es in Bansin zu, das sich zu einem „Volksbad“ für die Mittelschicht entwickelte. 1923 erhielt Bansin als erstes deutsches Seebad die „Freibadeerlaubnis“. Usedom war nun die „Badewanne Berlins“. Noch immer ist die typische schnörklige Usedomer Bäderarchitektur in den drei deutschen Kaiserbädern und im polnischen Swinemünde gegenwärtig.

Seebrücke von Ahlbeck mit Booten und Strandkörben
Die Seebrücke von Ahlbeck (1898). Das hölzerne Brückengebäude ist erhalten geblieben.
Grandhotel Ahlbecker Hof
Grandhotel Ahlbecker Hof 1909. Das mondänste Haus in Ahlbeck
Frontseite Ahlbecker Hof
Der Ahlbecker Hof direkt an der historischen Strandpromenade im Kaiserbad Ahlbeck

Der im Jahr 1890 erbaute Ahlbecker Hof war bereits zur Jahrhundertwende ein Haus ersten Ranges, worauf auch heute noch die eindrucksvolle Fassade des Gebäudes hinweist. Der Ahlbecker Hof war nicht immer ein reiner Hotelbetrieb: 1944 quartierten sich die Generalstäbe der Heeresgruppe Nord bis kurz vor Kriegsende ein. 1949 wurde das Hotel zum ersten FDGB-Heim, dem Feriendienst des freien Deutschen Gewerkschaftsbunds der ehemaligen DDR, als Ferienheim umfunktioniert. Das heutige Fünf-Sterne Romantik Seehotel Ahlbecker Hof feierte 2016 sein 125-jähriges Jubiläum. (Quelle: Seetelhotels Usedom)

‚Reisen damals‘-Tipp: Museen in Anklam und Wolgast
Die Küstenstädtchen Anklam und Wolgast sind die „Tore zur Insel Usedom“.

Otto-Lilienthal-Museum in Anklam
Das Museum präsentiert eine Sammlung rekonstruierter Gleitflieger des Flugpioniers Otto Lilienthal (geb. 1848 in Anklam, gest. 1896 in Berlin nach einem Absturz) und informiert über Geschichte und Technik des Fliegens.
www.lilienthal-museum.de

Museum Wolgast
Technikbegeisterte können hier das „Eisenbahndampffährschiff“ besichtigen – eine historische Fähre mit Dampfmaschine, die einst Zügen mit bis zu drei Waggons über die Peene half.
www.museum-wolgast.de

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