Plakat des Zuges "The Golden Arrow". Reisende am Bahnsteig vor dem Zug

Der Golden Arrow: Per Luxuszug und Luxusfähre von London nach Paris

Golden Arrow und Flèche d’Or – 150 Jahre Eisenbahngeschichte!

Die Londoner Upper class und die Pariser Hautevolee jubelten: Endlich, 1926, gab es eine standesgemäße Zugverbindung zwischen den beiden Hauptstädten. Zwar hatte es mit dem Club Train auch zuvor schon auf der Strecke von London nach Paris Erste-Klasse-Waggons gegeben, jetzt aber verkehrte der Golden Arrow – ein Zug, der ausschließlich aus Wagen der Ersten Klasse bestand. Der Golden Arrow und der baugleiche Flèche d’Or auf französischer Seite boten Luxus vom Allerfeinsten: Viel Platz, tadelloser Service, exzellente Verpflegung und das anheimelnde Art-Déco-Ambiente machten die Fahrt zu einem absoluten Vergnügen. Allerdings nicht immer. Wenn während der Kanalüberquerung der Wind heftiger wehte, wurde es auf der Fähre Caledonia, die ebenfalls nur die Erste Klasse führte, ungemütlich. Vor Seekrankheit schützt auch ein First-Class-Ticket nicht.

Blick in den Speisewagen der Ersten Klasse des Club Trains
Speisewagen der Ersten Klasse des Club Trains
Werbeplakat des Club Train für Paris - Londres
Werbeplakat für den Club Train (1895)

Die Reisenden in den zehn bis zwölf Pullmanwagen des Golden Arrow brauchten von London bis Calais etwas über eineinhalb Stunden. Dann bestiegen sie direkt die Kanalfähre, begleitet von einem Schaffner, der sich persönlich um das Wohl seiner Gäste kümmerte. Nach der Überfahrt wartete bereits der Flèche d’Or, der dann in wenigen Stunden Paris erreichte. Ab 1936 wurden auf der Fähre auch Schlafwagen verschifft.

Dampflok Flèche d´Or
Der Flèche d’Or 1927 bei der Einfahrt in den Gare du Nord

Die Vision vom Tunnel unter dem Ärmelkanal

Getrübt wurde der Reisegenuss durch die sehr häufige heftige See während der Kanalüberquerung. Nachdem die Idee von Napoleon I., einen Kanaltunnel zu bauen, aus technischen und politischen Gründen verworfen werden musste, bekam das Projekt durch den Siegeszug der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts neuen Auftrieb. Auch Queen Victoria forderte seine Realisierung, „damit die Ladys auf ihren Reisen nach Frankreich nicht mehr unter der Seekrankheit zu leiden hätten“.

Gesellschaften wurden gegründet, Streckenpläne entworfen, Probebohrungen durchgeführt und sogar ein 1,6 km Stollen gegraben. Doch letztlich wurde auf englischer wie auch auf französischer Seite die Nützlichkeit eines Eisenbahntunnels bezweifelt und das Projekt Anfang der 1920er Jahre beerdigt: Für eine Abkürzung des Verkehrs nach London bzw. Paris um lediglich ein paar Stunden erschienen die immensen Baukosten unverhältnismäßig hoch zu sein. Militärstrategische Gesichtspunkte spielten dabei keine Rolle: Die Wiederholung eines Kriegs wie in den Jahren 1914 bis 1918 sei „sehr zu bezweifeln“, meinte man damals.

Streckenplanung für Tunnel unter Ärmelkanal
Alternative Streckenplanung, ca. 1870

1994 konnte der Kanaltunnel, mit 50 km (davon 38 km unter dem Wasser) der längste Unterwassertunnel der Welt, für den Eisenbahn- und LKW-Verkehr zwischen Calais und Dover doch noch eröffnet werden – und hat dem Tunnelkonsortium von Anfang an Riesenverluste beschert. Trotz aller finanztechnischen Schönrechnereien wird der „Eurotunnel“ wohl auch in Zukunft ein Milliardengrab bleiben.

Westeuropas letzte planmäßige Erste-Klasse-Dampfeisenbahn

1931, fünf Jahre nach der Inbetriebnahme, führte der Golden Arrow aus wirtschaftlichen Gründen auch gewöhnliche Wagen. Auf der französischen Seite blieb es dagegen bei den exklusiven Pullmanwagen. Von 1939 bis 1946 war die Verbindung kriegsbedingt unterbrochen. 1961 wurde der Golden Arrow auf Elektroantrieb umgestellt. Anders in Frankreich: Hier zog bis 1969 die Waggons weiter eine Dampflok. Der Flèche d’Or war damit in Westeuropa der letzte reine 1.-Klasse-Zug mit einer vorgespannten Dampflokomotive.
1972 wurde die Zugverbindung eingestellt. Die zahlungskräftige Klientel bevorzugte jetzt das schnellere Flugzeug. Im Eisenbahnmuseum von Sussex kann der legendäre Golden Arrow noch besichtigt werden. Mitunter wird er auf einer stillgelegten Bahnstrecke zur Freude von Eisenbahnfans unter Dampf in Betrieb genommen.

‚Reisen damals‘-Tipp: Die Bluebell Railway Museumsbahn in Sussex
Die Bluebell Railway in West Sussex (Südengland) verfügt über rund dreißig Dampflokomotiven und eine große Anzahl von Güter-, Bahndienst- und Personenwagen aus den 1880er bis zu den 1960er Jahren. Damit hat sie nach dem Nationalen Eisenbahnmuseum in York die größte Fahrzeugsammlung Großbritanniens. Unter den zu besichtigenden Wagengarnituren befindet sich auch ein Golden Arrow dining train mit Pullmanwagen.
www.bluebell-railway.com

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