Im November 1929 startete vom Rollfeld des Junkers Flugzeugwerks in Dessau ein Verkehrsflugzeug zu seinem Jungfernflug, das trotz seiner für die damalige Zeit gigantischen Ausmaße ruhig in der Luft lag und sich leicht steuern ließ. Die Junkers G 38 das größte Landflugzeug der Welt.
Doch nicht nur wegen seiner Größe erregte die Junkers G 38 Aufsehen. Noch mehr war es ihre Konstruktion; die Passagierräume befanden sich nicht nur im Rumpf. Auch in den mannshohen Flügeln hatten rechts und links vom Rumpf je drei Fluggäste Platz, in der Nase unter dem Cockpit ebenfalls zwei. Direkt dahinter befand sich Raum des Navigators.
Die Junkers G 38 war 22 Meter lang und hatte eine Spannweite von 44 Metern (das sind zehn Meter mehr als ein heutiger Airbus A 320). Die Reichweite betrug 3.380 km. Ab 1931 konnte die Maschine nach dem Umbau des Innenraums und der Erhöhung der Triebwerkleistung 34 Passagiere befördern. Das Flugzeug stellte mehrere Weltrekorde auf, u. a. den Dauerflugrekord (über drei Stunden), den Geschwindigkeitsrekord (185 km/h) und mehrere Streckenrekorde mit 5000 kg Nutzlast.
Fliegen frei wie ein Vogel. Nichts für Passagiere mit Höhenangst
Wer ganz vorn in einem der Flügel saß und durch die gewölbten großen Fenster nach unten auf die Erde und nach vorn bis zum Horizont sehen konnte, muss sich wie ein Adler in der Luft gefühlt haben. Was für ein abenteuerliches Erlebnis! Nichts vom Flugzeug störte den Blick. Nur schwindelfrei sollte man gewesen sein, um dieses einzigartige Fluggefühl richtig genießen zu können.
Von den Flügeln führte ein Korridor in den Maschinenrumpf mit dem Waschraum und den zwei Decks für die Passagiere. Denen wurde ein exzellenter Service geboten. Messlatte sollte der Luxus und der Komfort des Luftschiffs Graf Zeppelin sein. Es gab zwar auch Schlafkojen, doch in einem Luftschiff gab es naturgemäß mehr Platz und Bewegungsfreiheit. Dennoch, bis 1936 war die Junkers G 38 der ganze Stolz der deutschen Luftfahrt. Und das mit Recht.
Das Junkers Werk baute vom Typ G 38 nur zwei Maschinen. Nach der Fertigstellung übernahm die Deutsche Luft Hansa eines der beiden Flugzeuge und bediente mit ihm von Berlin aus hauptsächlich die Strecken nach Wien, Rom, Kopenhagen, Stockholm, Amsterdam und London. 1936 stürzte sie bei Dessau aufgrund eines Montagefehlers von Berlin aus ab und konnte nicht mehr repariert werden. Die verbliebene Maschine, die im Besitz des Reichsluftfahrtministeriums war, wurde umgerüstet und von der Wehrmacht als militärisches Transportflugzeug eingesetzt. Im Mai 1941 wurde sie bei Athen durch britische Kampfflugzeuge am Boden zerstört.
Warum war diesem außergewöhnlichen Großflugzeug kein dauerhafter Erfolg beschieden? Die Junkers G 38 sei „seiner Zeit voraus“ gewesen, ist von Experten zu hören. (Gleiches wird über die Do X von Dornier gesagt.) Vermutlich waren es auch hier die schwierigen Zeiten nach der Weltwirtschaftskrise, die Fluggesellschaften bewogen, in kleinere und wirtschaftlich risikolosere Maschinen zu investieren. Wie zum Beispiel in den Dauerbrenner von Junkers, die Ju 52, von der ab 1932 fast 5.000 Stück hergestellt wurden – davon allerdings zwei Drittel als Transportflugzeug und Behelfsbomber für die deutsche Luftwaffe.
Die Ju 52: Für viele Flugbegeisterte die ultimative Maschine
In der dreimotorigen Version wurde die Ju 52/3ms ab 1932 gebaut. Sie erwies sich sofort als Verkaufsschlager. Die Maschine flog in 25 Ländern bei 30 Luftverkehrsgesellschaften auf allen Erdteilen. Die Abnehmer schätzten es, dass die Ju problemlos zu fliegen und äußerst zuverlässig war (was ihr den Spitznamen „Tante Ju“ verlieh). Sie konnte auch mit kurzen und holprigen Start-und-Landebahnen gut zurechtkommen. (Im Ausland nannte man sie auch „Iron Anni“.) Schnell wurde sie zum Standardflugzeug der Verkehrsluftfahrt der dreißiger Jahre.
Die Ju 52 war zwar kein fliegendes Rennpferd, dafür einfach zu handhaben „wie ein Ackergaul“. Ihre Reisegeschwindigkeit betrug 180 km/h, die maximale Reichweite 1.300 km. Passagierkapazität: 15 Sitze plus 2 Notsitze. Die Leichtmetall-Wellblechbeplankung, die typisch für alle Junkers-Maschinen war, verlieh ihr eine selbsttragende Festigkeit. Es gab auch Versionen mit Schwimmern, und einige Maschinen wurden mit Schneekufen ausgerüstet.
Von Berlin-Tempelhof als Zentrum aus wurde ganz Europa bedient. Auch die wichtige Route von Berlin nach Rom konnte mit der Ju 52/3m zuverlässig über die Alpen geflogen werden. 1934 wurde zusammen mit der Deutsch-Russischen Luftverkehrs A.G. die Linie Moskau–Barcelona eröffnet, zu der zwei Jahre später die Strecke Berlin–Madrid hinzukam.Die Maschine war bei den Passagieren beliebt, weil sie hohen Komfort bot und sich durch einen pünktlichen Betrieb auszeichnete. Auch schwierigste Strecken über die Alpen oder über die Anden wurden mit der Ju 52/3m sicher und zuverlässig gemeistert. Da die Maschine über keine Druckkabine verfügte, aber durchaus Flughöhen von mehr als 3000 Metern geflogen wurden, gab es Sauerstoffmasken für die Passagiere. Außerdem war die Kabine mit einer Heizung ausgestattet.
Wenn Globetrotter heute in einem gottverlassenen Wüstenkaff oder in einer abgelegenen Dschungelsiedlung auf eine alte noch flugfähige Maschine stoßen, können sie ziemlich sicher sein, dass es sich um eine Ju 52 handelt. Tante Ju ist eben unverwüstlich.
Nach dem Krieg wurden in Frankreich und Spanien noch mehrere hundert Ju 52 produziert. Bis vor wenigen Jahren wurden in Europa einige Nostalgiemaschinen für Oldtimerflüge (unter anderem auch von der Lufthansa) eingesetzt.
Kehrt die Ju 52 wieder zurück?
Wer weiß. Vielleicht dauert es gar nicht mehr so lange, bis Rund- oder Zielflüge mit der Ju wieder möglich sind. Laut einiger Presseberichte von 2022 planen die Junkers Flugzeugwerke eine Neuauflage der Junkers Ju 52. Die legendäre dreimotorige Maschine soll dank neuer technischer Details sparsamer, sicherer und komfortabler als die alte Tante Ju werden.
Reisen damals-Tipp: Das Technikmuseum „Hugo Junkers“ in Dessau-Roßlau Das Museum widmet sich dem Flugzeugkonstrukteur und Unternehmer Hugo Junkers. Ein besonderes Exponat ist die restaurierte Ju 52/3m. Die Maschine ist weitgehend im Originalzustand geblieben, da sie während des Zweiten Weltkriegs nach einer Notlandung im norwegischen Narvik auf dem Eis versank und 1986 relativ unversehrt wieder gehoben werden konnte. 1995 gelangte sie zurück nach Dessau. www.technikmuseum-dessau.org
Bildquellen
- Junkers2: Privatarchiv Kleinert | All Rights Reserved
- Junkers3: Joost J. Bakker from IJmuiden via Wikimedia Commons | CC BY 2.0 Generic
- Junkers4: The Library of Congress via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Junkers5: Willem van de Poll via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Junkers6: Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0 International
- Junkers7: Konstantin von Wedelstaedt via Wikimedia Commons | GNU Free Documentation License 1.2
- Junkers8: Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0 Unported
- Junkers1: Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0