Kilimandscharo

Mit der Uganda- und Usambara-Bahn durch Deutsch-Ostafrika zum Kilimandscharo

Mitte November 1933 brachen der junge Reporter Frank Hartung und Katja Blessing, die Bildredakteurin der Zeitschrift „Welt im Bild“, zu einer Fotosafari durch Ostafrika auf. Vor ihnen lag eine Schiffsreise nach Mombasa und die Weiterfahrt nach Arusha am Rande der Serengeti. Hier ist Frank Hartungs Reisebericht:

Am 3. Dezember 1933 waren Katja und ich in Marseille zusammen mit etwa zwei Dutzend Passagieren an Bord des Frachtdampfers der Maritimes-Linie Victor Hugo gegangen. Unterhaltungsmöglichkeiten wie auf den großen Transatlantiklinern gab es auf dem Schiff nicht und so verbrachten wir viel Zeit lesend in der kleinen Bibliothek oder bei schönem Wetter auf dem Sonnendeck. Ab und zu spielten wir eine Partie Schach. Ansonsten ließen wir uns gegenseitig in Ruhe und respektierten die Privatsphäre. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie mir etwas verheimlichen wollte. Aber was? …

Passagierschiff
Einfahrt ins Hafenbecken

Nach zwölf Tagen liefen wir in den Hafen von Mombasa ein. Vorbei an den dicht mit Kokospalmen und Mangobäumen gesäumten Ufern fuhr unser Dampfer hinein in das weite Hafenbecken, in dem es von Kanus, Fischerkähnen, Motorschiffen und arabischen Daus mit ihren großen Trapezsegeln wimmelte.

Dau auf dem Nil
Dau im Hafen

Am nächsten Morgen fuhren wir mit der Uganda-Bahn zum Eisenbahnknotenpunkt Voi an der Grenze zu Tanganjika. Nach einer Übernachtung in einem arabischen Guesthouse bestiegen wir dann die unter den Deutschen gebaute Usambara-Bahn, die uns über Moshi nach Arusha bringen sollte. Vorbei an endlosen Kaffee- und Bananenplantagen, unterbrochen von hochwachsenden Sisalstauden, durchquerten wir das grüne Hochland von Ostafrika. Hier herrschte ein sehr viel angenehmeres Klima als an der Küste.

Berg in Afrika
Mount Meru

Als sich unsere Bahn Moshi näherte, gingen wir nach vorn zur Lokomotive, an deren Frontseite eine schmale Aussichtsplattform montiert war.

Männer in Tropenkleidung
Reisegruppe auf einer Aussichtsplattform der Uganda Railway (1909)

Wir setzten uns auf die Bank – und waren für einen Moment sprachlos. Das Panorama vor uns war atemberaubend:
Wir blickten auf das gigantische Massiv des Kilimandscharo mit seinem schneebedeckten Gipfel. Unterhalb der Eis- und Schneefelder erstreckte sich eine schmale Wolkendecke, die die tief stehende Sonne rötlich anleuchtete. Was für ein imposantes Bild!
„Die Eingeborenen hier nennen den Kilimandscharo den Berg des bösen Geistes“, erklärte uns unser Guide. „Bei jedem Unglück, bei jeder Missernte habe er seine Hand im Spiel, sagen sie.“
„Ich glaube, da irren sich die Eingeborenen, Charles“, entgegnete Katja. „Ich spüre, er ist ein guter Geist. Ich bin sicher, er wird uns Glück bringen.“
Am Abend hatten wir unser Ziel erreicht, das Salambo-Hotel im Zentrum von Arusha. Das Hotel, ein etwas heruntergekommener Prachtbau im typischen deutschen Kolonialstil, überraschte uns mit einem Service und Komfort, den wir mitten in Afrika nicht vermutet hätten.
Auf dem Platz vor dem Hotel herrschte am nächsten Morgen Hochbetrieb. Es war Markttag – Händler, die lautstark Gemüse, Gewürze oder Früchte in Körben anpriesen, Frauen, die ihre Waren auf dem Kopf trugen, Afrikaner, Inder, Araber und ein paar Europäer. Ein buntes Völkergemisch, und über allem viel Lachen, Kindergeschrei und das Hupen der Busse am Halteplatz. Bis zum Nachmitttag blieb Katja verschwunden. Wo war sie gewesen? Was hatte sie vor? Ihr Verhalten wurde immer mysteriöser.
In Arusha wollten wir drei Tage bleiben, um die Safari vorzubereiten – und um Hemingway zu treffen.
Aus: Horst Kleinert „Caporetto. Das Hemingway-Komplott“ (Roman). Thurm-Verlag, Lüneburg 2020

Die Erschließung Ostafrikas durch die Eisenbahn

Ab 1896 wurden die ersten Abschnitte der Uganda-Bahn von Mombasa über Nairobi in Richtung Uganda eröffnet. 1930 erreichte die Bahn Kampala in Uganda (Streckenlänge: 1340,5 km). Die Bahn war ein britisches Instrument, um innerafrikanisches Territorium in Besitz zu nehmen, das zu Beginn ihres Baus noch weitestgehend autonom und indigen beherrscht war. Das Erschließen dieses Gebietes durch das damals leistungsfähigste Verkehrsmittel ermöglichte Großbritannien die Herrschaft im späteren Kenia und Uganda innerhalb weniger Jahre.

Historisches Werbeplakat Eisenbahn Afrika
Werbeplakat der Uganda Railway

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war die Uganda-Bahn bei gut betuchten englischen und amerikanischen Touristen beliebtes Verkehrsmittel, um auf Safari zu gehen.  Die Reisenden konnten sich, wie 1909 US-Präsident Theodore Roosevelt, tagsüber auf einer auf der Frontseite der Lokomotive montierten Aussichtsplattform aufhalten. Nach der deutschen Niederlage in Ostafrika bestand die Möglichkeit, in Voi (150 km nordwestlich von Mombasa) in die unter der Deutschen Kolonialverwaltung 1911 fertiggestellte Usambara-Bahn umzusteigen. Die Bahn fuhr in 15 Stunden durch das ehemalige Deutsch-Ostafrika nach Moshi und Arusha.

Häuser vor Kilimandscharo
Moshi (im Hintergrund der Kilimandscharo)
Reisen damals-Tipp: Eine Bahnfahrt von Mombasa nach Nairobi  
Sollten Sie im Badeort Mombasa Urlaub machen, könnten Sie ein kleines Abenteuer wagen: Ein Schnellzug fährt in sechs Stunden nach Kenias Hauptstadt Nairobi. Die 500 km lange Strecke, von einem chinesischen Konsortium für fast 4 Milliarden Euro auf Kredit gebaut, verläuft neben den alten Gleisen der Uganda-Bahn, Als die Strecke zwischen 1896 und 1901 gebaut wurde, starben beinahe 2.500 Arbeiter. Dreißig wurden dabei zu Futter für zwei Löwen (sog. „Maneater“), die bemerkt hatten, wie einfach es war, die Arbeiter aus ihren Zelten zu schleppen oder bei der Arbeit zu überfallen. Vor den Löwen brauchen Sie heute keine Angst mehr zu haben. Aber einige Überraschungen wird die Fahrt mitten unter den Einheimischen für Sie sicher bereithalten. Bleiben Sie entspannt, Sie sind in Afrika!
Achtung: Tickets (30 € für die Erste Klasse) können nur genau drei Tage vor der Abreise gekauft werden. Die Sitze sind bequem. Die Fenster können nicht geöffnet werden, aber die Klimaanlage sorgt für eine angenehme Temperatur. Wenn der Zug den Tsavo-Na­tio­nalpark durchquert, kann man mit etwas Glück Elefanten, Büffel und Giraffen sehen.
Reisen damals-Lesetipp: „Caporetto. Das Hemingway-Komplott“ (Roman)
In der explosiven Situation der untergehenden Weimarer Republik besucht der junge Ernest Hemingway Berlin – und gerät ins Visier eines politischen Geheimbunds. Als der Reporter Frank Hartung den Verschwörern auf die Spur kommt, wird er selbst zur Zielscheibe. Eine dramatische Flucht, die ihn über Paris und Miami bis nach Ostafrika führt, nimmt ihren Anfang. Thurm-Verlag, Lüneburg (2020), 205 Seiten, € 12,80.
www.thurm-verlag.de
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Buchcover Caporetto
Horst Kleinert: Caporetto

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