Foto vom Luftschiff LZ 130

LZ 130 Graf Zeppelin II: das letzte der großen Luftschiffe

Überall, wo zwischen den Weltkriegen die Luftschiffe Graf Zeppelin (LZ 127) und Hindenburg (LZ 129) auftauchten, wurden sie als Symbol der Völkerverständigung begeistert gefeiert. Als im Mai 1937 in Lakehurst/USA die Hindenburg im Feuersturm unterging, endete diese goldene Zeit der Zeppeline abrupt. Doch auch nach der Hindenburg-Katastrophe kreiste noch bis August 1939 ein Luftschiff über Deutschland: das heute fast vergessene Luftschiff LZ 130 Graf Zeppelin II.

Mitte der dreißiger Jahre plante die Deutsche Zeppelin-Reederei (DZR) aufgrund der positiven Erfahrungen den Bau von drei weiteren, verbesserten Luftschiffen der Hindenburg-Klasse (LZ 130, 131 und 132). Mit ihnen und der Hindenburg sollte ab 1940 ein regelmäßiger interkontinentaler Passagierdienst aufgenommen werden. Die dann schon etwas betagte Graf Zeppelin wäre vermutlich ausgemustert worden. Dafür spricht, dass für LZ 130 der traditionsreiche Name Graf Zeppelin vorgesehen war.

Der Traum von einem Neuanfang

Die Katastrophe von Lakehurst hatte die Luftschifffahrt-Euphorie erstaunlicherweise kaum bremsen können. Die Bevölkerung und die Presse („Jetzt erst recht!“) wollten mehrheitlich auch weiterhin Zeppeline am Himmel sehen; aus aller Welt trafen Beileidstelegramme, Spendengelder, Verbesserungsvorschläge und unterstützende Zuschriften ein. Luftfahrtminister Hermann Göring, obwohl kein Freund der seiner Meinung nach nutzlosen und gefährlichen Zeppeline, ordnete sogar die beschleunigte Fertigstellung von LZ 130 als Ersatz für die Hindenburg an. Die Geschichte der deutschen Luftschifffahrt sollte nicht mit einer Katastrophe geendet haben. LZ 130 wurde im September 1938 auf den Namen Graf Zeppelin (II) getauft. Hugo Eckener hielt die Taufrede. Regierungsvertreter waren nicht anwesend. Der Zeppelin war zwar als Helium-Schiff gebaut worden, musste dann aber für die Befüllung mit Wasserstoff umgerüstet werden. Entgegen ersten Zusagen hatten die USA aus politischen Gründen die Ausfuhr von Helium nach Deutschland untersagt.

Die neue Graf Zeppelin entsprach im Großen und Ganzen der bewährten Konstruktion der Hindenburg. Mit 245 m war das Schiff genauso lang wie die Hindenburg, aufgrund neuartiger Aluminiumbauteile und technischer Verbesserungen aber leichter. Es besaß stärkere Motoren, eine feuerfeste Außenhülle und Gaszellen für 200.000 cbm Helium. Die Graf Zeppelin (II) hatte Platz für 72 Fahrgäste in 36 Kabinen, davon 13 mit Außenfenstern.

Obwohl keinerlei Aussicht mehr auf die Verwirklichung eines transkontinentalen Fahrdienstes bestand, wurde noch Anfang 1939 für Passagierfahrten mit der Graf Zeppelin (II) geworben. So hieß es im Prospekt der Deutschen Zeppelin-Reederei: „Mit dem Luftschiff über Länder und Meere zu fahren, ist die moderne Reiseart. Das Zeppelin-Luftschiff LZ 130 bietet dem Überseereisenden vor allem: Zuverlässigkeit, schnelle und ruhige Fahrt, jede Annehmlichkeit und Bequemlichkeit.“

Innerhalb Deutschlands unternahm die Graf Zeppelin (II) bis kurz vor Kriegsbeginn insgesamt 29 Propagandatouren und Landefahrten zu Flugschauen, Sportveranstaltungen oder Städtetagen. Zehntausende, manchmal Hunderttausende zahlender Zuschauer waren begeistert, wenn der Zeppelin in niedriger Höhe über ihren Köpfen kreiste und zur Landung ansetzte. Zivile Passagiere waren bei all diesen Fahrten nicht an Bord.

Die Graf Zeppelin (II) in geheimer Mission

Anfang August 1939 führte die Graf Zeppelin (II) eine sogenannte „Spionagefahrt“ entlang der englischen Ostküste durch, die wohl der Erkundung der neuartigen englischen Radarsysteme dienen sollte. Offiziell operierte das Luftschiff nur innerhalb der Reichsgrenzen – heimlich auch außerhalb, um den ausländischen UKW-Funkverkehr abhören zu können. Mitunter kam ein sogenannter Spähkorb zum Einsatz, der sich mittels einer Winde mehrere hundert Meter tief ausfahren und unter der Wolkendecke nachschleppen ließ. Ein darinsitzender Beobachter konnte dann mit Hilfe einer Drehantenne UKW-Sender ohne störende Reflektionen des Metallgerüsts des Luftschiffs anpeilen.

Techniker im Luftschiff LZ13ß
Funkraum und Radiostation im LZ 130
Luftschiff LZ 130
LZ 130 mit heruntergelassenem Spähkorb

Am Morgen des 20. August 1939 startete das Schiff zu seiner letzten Tour, einem Rundflug von und bis Frankfurt/M. Anschließend wurde die Graf Zeppelin (II) stillgelegt.

Das Ende

Ob die Reichsregierung im Herbst 1939 tatsächlich noch eine Fahrt über Russland in den von Japan okkupierten Teil der Mandschurei (ins sog. Kaiserreich Mandschukuo) plante, ist nicht mehr genau zu klären. Zumindest gab es unter dem Stichwort „Projekt Fernost“ eine Anweisung des Reichsluftfahrtministeriums an die DZR, die technischen Daten eines derartigen Frachtflugs von LZ 130 zusammenzustellen. Möglicherweise sollte der Flug der Beschaffung von Edelmetallen dienen.

Am 29. Februar 1940 befahl Hermann Göring, die alte und die neue Graf Zeppelin abzuwracken. Damit schien das Ende der Luftfahrt mit großen Luftschiffen endgültig besiegelt. Drei Monate später erfolgte die Meldung über den Vollzug der Verschrottung. Für die Nazis hatten die Luftschiffe jetzt, als die Wehrmacht dabei war, Europa zu überrollen, keinen Wert mehr. Reichsminister Göring: „Im Krieg kann man ja nüscht damit anfangen.“ Ende April 1940 hätte die Graf Zeppelin (II) dann noch einmal aufsteigen sollen, und zwar als Zubringer für die Narvik-Kämpfer in Nordnorwegen. Doch dafür war es zu spät. Die Abbrucharbeiten waren in vollem Gange.

Der Traum der Jünger des Grafen Ferdinand von Zeppelin war geplatzt, als es über Europa Nacht wurde. Die Verwirklichung der Vision vom sanften Schweben über Länder, Städte und Meere hätte eines vorausgesetzt: eine friedliche und freundliche Welt.

Reisen damals-Lesetipp: Horst Kleinert: „Die Zeppelin-Story“
Mit der Hindenburg-Katastrophe am 6. Mai 1937 endete die goldene Zeit der großen Zeppeline abrupt. Ist ein Neuanfang der touristischen Luftschifffahrt wirklich undenkbar? Keinesfalls, immer wieder werden spektakuläre Entwürfe und Projekte vorgestellt. Die „Zeppelin-Story“ enthält Wissenswertes über die Geschichte der Luftschiffe und über ihre mögliche Zukunft – bis hin zum Luftschiffprojekt der NASA zur Erforschung der Venus. Kostenloses Download (37 Seiten).
www.zeppelin-story.de
Cover von Die Zeppelin Story
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