„Der größte Reisende seiner Zeit“, steht auf dem Buchcover der „Reiseberichte“ des US-amerikanischen Fotografen, Schriftstellers und „Reiseschaustellers“ Burton Holmes (1870 bis 1958). In der Tat: Holmes war einfach überall. Er bereiste jeden Kontinent und beinahe jedes Land der Erde und belichtete dabei über 30.000 Fotos und 150.000 Meter Film. Nur die Antarktis und Afghanistan fehlten auf der Liste der von ihm besuchten Ziele.
Holmes reiste 1892, da war er 22, mehrere Monate durch Japan, er durchquerte 1894 mit einer Karawane Nordafrika, radelte ein Jahr später mit dem Fahrrad durch Italien und umrundete sechsmal die Erde. Ob Peking, Delhi, Moskau, Manila, Jakarta, Seoul, Tokio oder Jerusalem – von überall brachte er Unmengen von Fotos und Filmen mit. Selbst im für Nichtmuslime normalerweise schwer zugänglichen Mekka schoss er im Innenhof der Heiligen Moschee Fotos von der Kaaba.
Mit seiner 60-Millimeter-Filmkamera dokumentierte er 1896 in Athen die ersten olympischen Spiele der Neuzeit, den größten Vesuv-Ausbruch der jüngeren Geschichte (1907) und den Bau des Panamakanals.
Auf seinen Reisen war Holmes, ganz gentlemanlike, fast immer in einem blütenweißen Anzug, mit Krawatte und weißen Schuhen gekleidet. Wenn er wieder in den Vereinigten Staaten weilte, sah man ihn mitunter in einem ganz anderen Outfit, zum Beispiel in osmanischer oder japanischer Tracht. Folkloristische Gewänder waren so etwas wie sein Markenzeichen, mit dem er Werbung für seine Vorträge über seine Erlebnisse in fernen Ländern machte.
In den Wintermonaten, wenn er nicht auf Reisen war, tourte Holmes durch Amerika und begeisterte das Publikum mit seinen zweistündigen „Travelogues“ – so nannte er seine furiose Kombination von Vortrag, Diapositiv und Film. In sechzig Jahren führte er als „Reiseschausteller“ (engl. Travel Showman) fast 8.000 Veranstaltungen durch. (Diesen Rekord wird vermutlich auch der Abenteurer und Bergsteiger Reinhold Messner nicht brechen können.) Als es noch nicht den Farbfilm gab, ließ er von seinen Fotografien Schwarz-Weiß Dias anfertigen und von Spezialisten kolorieren.
Burton Holmes füllte mit seinen Shows die größten Veranstaltungshallen Amerikas. Ob in der Carnegie Hall in New York, der Symphony Hall in Boston oder der Orchestra Hall in Chicago – immer waren seine „Travelogues“ ausverkauft. Erst mit 81 Jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen seine jahrzehntelange Tournee beenden.
Holmes produzierte nicht nur eigene Reisefilme, sondern gründete auch eine Filmfirma. Die „Burton Holmes International“, die bis Mitte der 1980 Jahre bestand, fertigte zahlreiche Reisedokumentationen, Industriefilme und während des Zweiten Weltkriegs Filme für die US-Regierung an. Auf dem Hollywood Boulevard wurde Holmes für seine Verdienste als Dokumentarfilmer mit einem Stern auf dem „Walk of Fame“ geehrt.
Unter seinen zahlreichen Büchern sticht ein gigantisches Werk hervor. „The Burton Holmes Travelogues“, eine zehnbändige Enzyklopädie seiner Reisevorträge, war in den Vereinigten Staaten für Generationen ein Geografie- und Reisebuch, das fast schon Kultstatus besaß. Ab und zu werden im Antiquariat davon Exemplare angeboten, die auch als Reprint kaum unter tausend Euro zu haben sind.
Burton Holmes starb 1958 im Alter von 88 Jahren in Los Angeles.
„Die einzigen Dinge, die mir gehören, die immer noch das wert sind, was sie gekostet haben, sind meine Reiseerinnerungen, die geistigen Bilder von Orten, die ich über ein halbes Jahrhundert lang gehortet habe wie ein glücklicher Geizhals“ (Burton Holmes)
Reisen damals-Lesetipp: Reiseberichte von Burton Holmes
Burton Holmes. Reiseberichte. Der größte Reisende seiner Zeit 1892-1952, herausgegeben von Genoa Caldwell
Dieses Buch voller brillanter Farbfotografien präsentiert das Beste aus dem Holmes-Archiv. Es öffnet ein Fenster zur Welt, wie sie vor 100 Jahren war.
Hardcover, 14 x 19,5 cm, 608 Seiten, € 20, Taschen Verlag, Köln (2018)
Anzeige
Bildquellen
- Burton2: Dana Hull via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton3: E. BURTON HOLMES via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton4: Holmes, Burton via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton5: Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton6: Boston Evening Transcript via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton7: Holmes, Burton via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton8: Holmes, Burton via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Burton9: Taschen Verlag | All Rights Reserved
- Burton1: E. BURTON HOLMES via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0