Das Eden Hotel gegenüber der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Zoologischen Garten galt in den 1920er Jahren als das modernste und luxuriöseste Grandhotel im Westen der Stadt. Der Bau von 1912 war mit seiner neobarocken Muschelkalkfassade das erste Berliner Hotel mit einem Dachgarten (sogar mit einem Minigolfplatz). Die Americain Bar in der fünften Etage galt als Treffpunkt der gut betuchten Berliner Gesellschaft und kauf- und vergnügungsfreudiger Touristen. Für die meisten ausländischen Gäste war Deutschland aufgrund der Schwäche der Reichsmark ein ausgesprochen preiswertes Reiseland.
Zu den Stammgästen der Americain Bar zählten bekannte Künstler und Literaten wie Heinrich Mann, Erich Maria Remarque, Gustav Gründgens und Marlene Dietrich. (Wo war Marlene in den Zwanzigern eigentlich nicht?) Der damals noch unbekannte Neuberliner Billy Wilder verdiente sich hier sein erstes Geld in einer Profession, die es in Deutschland nur in den Zwanzigern gab: Als sogenannter Eintänzer hatte er im Dienst des Hotels beim Tanztee auf dem Dachgarten Damen ohne männliche Begleitung zum Tanz aufzufordern. Das Eden wurde im 2. Weltkrieg zerstört und in den fünfziger Jahren abgerissen.
Auch Ernest Hemingway logierte im Eden Hotel
Einen Eindruck vom Flair des Hotels vermittelt der nachstehende Auszug aus der Erzählung „Das Hemingway-Komplott“. Es ist belegt, dass Hemingway sich 1931 anlässlich der Theaterpremiere seines Bestsellers „In einem andern Land“ in Berlin aufhielt und im Eden gewohnt hat. In der (fiktiven) Erzählung trifft er in der Americain Bar den jungen Reporter Frank Hartung, der einer Verschwörung auf der Spur ist.
Es war schon spät, als ein Engel in Weiß die Bar betrat – Marlene Dietrich. Langsam durchschritt sie den Raum und nahm mit ihrer Entourage in den Ledersesseln am Kamin Platz. Hemingway bemerkte sie sofort und war hingerissen. Sie sah in ihrem weißen Hosenanzug und mit dem Matrosenkäppi auf dem gelockten Haar ungemein attraktiv aus. Marlene Dietrich arbeitete zwar in Hollywood, hielt sich aber häufig in Berlin auf. Hemingway kannte natürlich den „Blauen Engel“, die Filmpremiere war auch in Amerika begeistert gefeiert worden. Er bat mich, den Kontakt zu ihr herzustellen.
„Seien Sie charmant und witzig, Frank. Das darf nicht schiefgehen.“
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, ging zu ihr hinüber und sprach sie an:
„Madame Dietrich, Hem, äh, Ernest, also Mr. Hemingway würde sich freuen, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen“, stammelte ich aufgeregt.
„Hemingway, Ernest Hemingway? Ich habe ‚Fiesta‘ gelesen. War nicht schlecht. Ist er hier?“, fragte sie mich und zog dabei eine Augenbraue hoch.
„Ja, Frau Dietrich“, antwortete ich. „Er sitzt drüben an der Bar.“
Marlene zog an ihrer Zigarettenspitze, sah kurz hinüber und blickte mich dann intensiv an. So, wie nur Marlene Dietrich blicken konnte. Kein Wunder, dass ihr die Männerwelt zu Füßen lag.
„Na, dann richten Sie dem Cowboy aus, dass er seinen Hintern hierüber schieben soll“, sagte sie mit ihrer rauchigen Stimme. (…)
Ich hatte mich in eine hintere Ecke verdrückt und beobachtete die beiden. Sie saßen an der Bar und wirkten so vertraut miteinander, als seien sie schon jahrelang befreundet. Ich spürte, dass dies der Beginn einer außergewöhnlichen Beziehung sein würde, der die Zeit nichts anhaben könnte. Ob Hem vergessen hatte, in welcher großen Gefahr er schwebte?
Der Fahrstuhl brachte mich zum großen Palmengarten auf dem Dach; das Tanzorchester spielte hier gerade irgendetwas Melancholisches. Ein elegantes Paar bewegte sich auf der Tanzfläche, eng aneinandergeschmiegt, langsam zur Musik. Ich blickte auf die von unzähligen Glühlampen illuminierte Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, auf bunt aufflammenden Lichtreklamen des Kurfürstendamms und auf die endlose Autokarawane auf den breiten Straßen unter mir. Berlin, die geschundene Stadt, war chaotisch und voll falschem Glanz, doch vom Dach des Eden Hotels wirkte sie vital und modern.“
Aus Horst Kleinert: „Das Hemingway-Komplott“, Thurm-Verlag, Lüneburg 2020 (Affiliate Link Amazon)
Das Adlon: das Lieblingshotel des Kaisers
Das in den 1920er Jahren nicht minder prominente Hotel Adlon konnte nur mit Hilfe einer Finanzspritze von Kaiser Wilhelm II. gebaut werden. Der Kaiser wollte ein Hotel, das mit den Grandhotels in Wien, Sankt Petersburg, Paris und London vergleichbar war. Und so unterstützte er tatkräftig das Vorhaben des Weinhändlers Lorenz Adlon, in der Mitte Berlins ein Luxushotel mit Blick aufs Brandenburger Tor zu errichten. Nicht ganz uneigennützig: Er wollte seinen Verwandten aus dem europäischen Hochadel einen Aufenthalt im Stadtschloss nicht zumuten. „Bei mir im Schloss ist es kalt, es zieht, und in den paar Badezimmern läuft das heiße Wasser nicht.“ Auch erhoffte sich Wilhelm im Adlon für sich selbst und seine Entourage mehr „Freiraum“ jenseits der strengen Hofetikette. (Was das konkret bedeutete, darüber schweigen die Chronisten.) Am 23. Oktober 1907 öffnete das Hotel mit der Top-Adresse „Unter den Linden Nr. 1“ in Anwesenheit des Kaisers feierlich seine Pforten. Von den dreihundert Zimmern verfügte die Hälfte über ein Wannenbad – damals keine Selbstverständlichkeit, genauso wie das fließende Wasser, das elektrische Licht und die regulierbaren Heizungen in allen Zimmern.
Der Prachtbau mit seinem Restaurant, mehreren Salons, Palmengarten und Terrasse fand sofort in der Reihe der führenden internationalen Grandhotels seinen Platz. Der Adel, Wirtschaftsmagnaten, und Staatsmänner schätzten den Komfort und Luxus des Hauses und veranstalteten im Adlon glanzvolle Bankette und Konferenzen. Der russische Zar, Franklin D. Roosevelt, Gustav Stresemann, Henry Ford, John D. Rockefeller und Künstler wie Enrico Caruso zählten in diesen Anfangsjahren zu den illustren Gästen.
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Klientel etwas bürgerlicher, aber nicht minder prominent. Neben den Touristen aus dem Ausland machten in den turbulenten Zwanzigern Weltstars wie Josephine Baker, Charly Chaplin, Greta Garbo oder Mary Pickford das Adlon zu der Legende, von der das Haus noch heute profitiert. Die Zeit des Dritten Reichs ging am Adlon nicht spurlos vorbei (zum Beispiel nannte sich das Ragout auf der Speisekarte jetzt Würzfleisch), ein Treffpunkt der Nazis war das kosmopolitische Adlon aber nicht.
Den Zweiten Weltkrieg überstand das Hotel fast schadlos. Doch kurz nach der Kapitulation brannte das Adlon durch die Unachtsamkeit von im Weinkeller feiernden Soldaten der Roten Armee bis auf die Fassadenmauern aus. 1984 wurde der noch verbliebene hintere Seitenflügel abgerissen. Nach der Wiedervereinigung wurde das Hotel neu errichtet und gehört heute als Hotel Adlon Kempinski wieder mit zur Spitzengruppe der Fünf-Sterne-Hotels in Deutschland. Trotz aller Modernität erinnert noch vieles im Adlon an die glanzvolle Zeit des Hotels in den 1920er Jahren.
Reisen damals-Lesetipp: „Das Hotel Adlon“, von Laurenz Demps und Carl. L. Peschke Geschichte und Gegenwart des Hotels werden ausführlich dargestellt und mit zahlreichen Bildern des alten wie auch des neuen Adlon illustriert. Die Ausstattung ist des Buchs edel (Leineneinband mit goldgeprägtem Titel und aufgeklebtem Bild). 202 Seiten, erschienen im Nicolai-Verlag, Berlin (2004). Das Buch in der deutschen Version ist gegenwärtig (2023) leider nur im Antiquariat zu erwerben (ab ca. 25 €).
The Hotel Adlon (Englische Ausgabe) bei Amazon (Affiliate Link)
Bildquellen
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