Historisches Porträt eines Mannes in Anzug mit Schnurrbart, sitzend auf einem verzierten Stuhl, vor neutralem Hintergrund.

César Ritz, der „größte Hotelier aller Zeiten“

Es sind die Geschichten, die die legendären Grandhotels von den normalen Luxushäusern unterscheiden – Geschichten, die Gefühle wecken und Bilder entstehen lassen, von denen manche bis in die Gegenwart fortwirken. Dazu gehört außerdem eine Liste illustrer Gäste, am besten verbunden mit wahren oder gut erfundenen Skandalen und Histörchen. So, wie in den Annalen des „Hotel Ritz“ am Pariser Place Vendôme der 25. August 1944 für immer verewigt sein wird.

Elegantes historisches Gebäude mit symmetrischen Fenstern und Mansardendach am Place Vendôme in Paris, bei strahlend blauem Himmel.
Die Außenansicht des Ritz hat sich seit seiner Gründung kaum verändert

Für Ernest Hemingway war das Ritz das absolute Lieblingshotel in Paris. Es gab für ihn nur einen Grund, nicht im Ritz zu wohnen, nämlich „dass man es sich nicht leisten kann“. In einem Brief an seinen Sohn Patrick beschrieb Hemingway, wie er am 25. August 1944, mehrere Tage vor dem triumphalen Einzug von General de Gaulle in Paris, das Ritz „von den Deutschen befreit“ hätte. Im Laufe der Zeit und insbesondere nach mehreren Drinks wurde dann seine Erzählung über die Heldentat immer martialischer. Tatsache ist, dass sich der „Handstreich“ wohl in der Hotelbar abspielte und es keine Pistolenschüsse waren, die dabei knallten, sondern Champagnerkorken. Sofort nach dem Einmarsch der Alliierten hatte sich Hemingway in Begleitung einiger Widerstandskämpfer mit einer Maschinenpistole in der Hand durch den Bois de Bologne zum Ritz durchgeschlagen, das von den Deutschen aber bereits geräumt worden war. Hier feierte Hemingway zusammen mit Gefährten und Besuchern mehrere Tage die „Befreiungsaktion“ mit Unmengen von Champagner und Cognac. Und damit dieses Geschehnis nicht in Vergessenheit gerät, trägt die Hotelbar seit 1994 den Namen des späteren Nobelpreisträgers. Es ist nicht allein exzellenter Service und bester Komfort – erst durch „Storytelling“ steigt ein Hotelpalast in die Liga der legendären Grandhotels auf.

„Ein Kavalier vom Scheitel bis zur Zehe“

Die goldene Ära der Grand Hotels war die Zeit der Belle Époque um die Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg. Zum ungekrönten „König der Hoteliers“ (und laut dem Prince of Wales und späteren König Edward VII. zum „Hotelier der Könige“) wurde dank seines Ehrgeizes und seines Perfektionismus‘ César Ritz.

Nach ersten Lehrjahren in kleinen Schweizer Hotels ging Ritz 1876 nach Paris und stieg dort schnell vom Kellner zum Maître d’hotel mehrerer Luxushotels auf. Er hatte gelernt, worauf es im Hotelgeschäft ankommt: Die Reichen sind oft einsam, und Ritz verstand es zuzuhören. Er merkte sich, welche Weine die Millionäre J.P. Morgan oder Vanderbilt bevorzugten, wie ein Menü für den Prince of Wales komponiert sein musste und wie Lady Furness ihr Entrecôte mochte. In der Gegenwart von Cesar Ritz fühlten sich auch die scheuen Herrschaften wohl. Er war für sie nicht mehr der Oberkellner oder Direktor, sondern „mon cher Ritz“.

Gemälde einer eleganten Gartenszene im Belle-Époque-Stil, mit festlich gekleideten Menschen, dekorierten Tischen, Lichtern und Blumen in einem lebhaften Ambiente.
Auf der Gartenterrasse des Pariser Ritz, ca. 1908. Gemälde von Georges Jeanniot

César Ritz führte anschließend sehr erfolgreich Grandhotels in San Remo, Luzern und Monte Carlo. Mit einer hervorragenden Küche, tadellosem Service und Events wie Bootspartien, Bällen und Konzerten machte er aus den Häusern gesellschaftliche Zentren der Aristokratie und des Geldadels. In London managte er sehr erfolgreich das Savoy, in Frankfurt den Frankfurter Hof und in Rom das St. Regis – Hotels, die noch heute einen legendären Ruf genießen.

1886, da war Ritz Hoteldirektor des Grand Hotel National in Luzern, lobte ihn das „Wiener Salonblatt“ in höchsten Tönen: „Herr Cäsar Ritz macht den Eindruck eines Kavaliers vom Scheitel bis zur Zehe – von den denkbar feinsten gesellschaftlichen Formen, die Sprachen aller Kulturnationen vollkommen beherrschend, so dass er den französischen, englischen, russischen, italienischen Gästen wie ein Landsmann erscheint, übt er auf jedermann einen wahrhaft bestrickenden Eindruck.“  

Zur Krönung seines Lebenswerks wurde 1898 schließlich das erste nach ihm benannte Hotel in einem umgebauten Palais an der Place Vendôme in Paris – das Hotel Ritz. Hier führte er Neuerungen durch, die für Grandhotels zur ultimativen Messlatte werden sollten. In den Mittelpunkt der Gastlichkeit rückten Restaurant und Koch. So sorgte in Paris der beste Küchenchef seiner Zeit, Auguste Escoffier, für das leibliche Wohl der verwöhnten Gäste. Außerdem ließ Ritz alle Zimmer mit Marmorbädern, elektrischem Licht und Telefonen ausstatten, damals für Grandhotels keine Selbstverständlichkeit. Der renommierte Dekorateur Charles Mewès entwarf für das Hotel die Inneneinrichtung – rosa gedämpftes Licht, Musselin und helle Wandfarben statt schwerer Brokatvorhänge –, deren dezenter Stil auch für die späteren Ritz-Häuser typisch war. Mit dem überladenen barocken Pomp damaliger Grandhotels hatte Mewès rigoros Schluss gemacht.

„Puttin‘ on the Ritz“ – Wirf dich in Schale!

Einer der ersten Stammgäste war der Dichter Marcel Proust, der fast täglich im Ritz speiste. Über Scott Fitzgerald, den Autor vom „Großen Gatsby“ heißt es, er habe sich nachts wie ein Schimpanse an Kronleuchtern durch den Saal geschwungen. Legende oder Wahrheit? „Egal“, hätte vielleicht das PR-Genie César Ritz geantwortet, „Hauptsache, man spricht über uns.“ Ein paar exzentrische Gäste unter den Prominenten konnten dem Nimbus des Ritz nicht schaden. Im Gegenteil. Das Hotel entwickelte sich so erfolgreich, dass der nächste Schritt vorprogrammiert war: die Gründung der „Ritz Development Co.“, die weltweit Lizenzabkommen mit Luxushotels schloss. Viele Hotels tragen noch heute den Namen „Ritz“, aber nicht alle würden den Ansprüchen des „größten Hoteliers aller Zeiten“ genügen.

Historisches Schwarz-Weiß-Foto eines prunkvollen Innenraums mit Säulen, gläserner Decke, Kronleuchtern und eleganten Möbeln, vermutlich aus der Belle-Époque.
Der Palmenhof im Londoner Ritz (ca. 1907)

1929 inspirierte das New Yorker Ritz Irving Berlin zu dem Evergreen Puttin’ on the Ritz (was in etwa mit „sich fürs Ritz in Schale werfen“ übersetzt werden kann).

Auch das Ritz in Paris konnte das hohe Qualitätsniveau nicht halten. 1976 wurde das mittlerweile verlustbringende Hotel verkauft. Trotz millionenschwerer Investitionen zählt das Fünf-Sterne-Haus nicht mehr zu den Top-Hotels in Paris der neu gebildeten Kategorie „Palace Hotel“. Nach wie vor gehört es aber zur Allianz der „Leading Hotels of the World“. Und sein Ruf ist dank berühmter Gäste wie Rudolph Valentino, Orson Welles, Coco Chanel und Audrey Hepburn im wahrsten Sinne des Wortes legendär. Dazu gehören auch die Tragödien: Am 31. August 1997 verbrachte Lady Diana im Ritz die letzten Stunden ihres Lebens.

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