Das hätte sich der junge Wally Byam aus Oregon nicht träumen lassen, dass aus seiner Idee eines geräumigen, leichten Trailers einmal der bekannteste Wohnwagentyp der Welt werden würde – mehr noch, eine in diversen Länderclubs organisierte Fangemeinde. 1931 gründete Byam die Airstream Manufacturing Company, die erste Firma, die in den USA Wohnwagen in Serie produzierte. Mit Byams aus Holz gefertigten Prototypen hatten diese Modelle nichts mehr zu tun. Es waren windschnittige Caravans aus Aluminium, entworfen von einem Flugzeugdesigner, von dem auch Charles Lindberghs Spirit of St. Louis stammte. Wegen der silbern glänzenden Außenhülle bekamen die Airstreams den Spitznamen „silver rocket“. Form und Einrichtung waren so perfekt, dass einige Serienmodellebis in die sechziger Jahre fast unverändert gebaut wurden. 2006 begann die Company speziell für Europa entwickelte Modelle zu fertigen.
Ein Airstream schrieb sogar Raumfahrtgeschichte. 1969 wurde die Crew von Apollo 11 (Neil Armstrong, Edwin Aldrin, Michael Collins) nach ihrer Rückkehr vom Mond in einem Airstream zu ihrer Quarantänestation verbracht, wo sich die drei Astronauten 21 Tage aufhielten.
Die Karawane der Silberbüchsen
Insbesondere in den Vereinigten Staaten lieben es die Airstream-Fans, in Kolonnen zu reisen. Seit 1955 veranstalten die „Wally Byams Caravan Clubs“ Rallys, Meetings und Touren durch ganz Amerika. Angefangen hat es mit rund einhundert Airstreams, die sich auf Fahrt durch die New England Staaten und Kanada begaben, später konnten es auch weitaus mehr sein.
Das „Wohnauto“ des Arist Dethleffs
Etwa zur gleichen Zeit wie Wally Byam machte sich auch der Skistock- und Peitschenvertreter aus Isny im Allgäu, Arist Dethleffs, daran, einen bewohnbaren Anhänger für sich und seine Verlobte zu bauen. 1931 war das „Wohnauto“ fertig. Es hatte Holzwände, ein Dach zum Anheben, ein Bett zum Ausziehen und einen Kanister mit Wasserhahn nebst Spülschlüssel. Als Frischvermählte reiste das Paar durch ganz Deutschland. Überall, wo sie auftauchten, erregte der Anhänger Aufsehen. In sechs Jahren legte das Ehepaar rund 70.000 Kilometer zurück. Ägypten, Libanon, Sowjetunion – die Reisen wurden immer exotischer.
Arist Dethleffs parkte immer wild, an möglichst idyllischen und romantischen Orten. Seiner Ehefrau Fridel, eine begabte Landschaftsmalerin, sollte es nicht an schönen Motiven mangeln.
Auf allen Fahrten testete und verbesserte Dethleffs seinen Caravan, bis er reif für die Serienfertigung war. Er gründete das Unternehmen Dethleffs, dass 1936 bereits sechs Mitarbeiter beschäftigte. Der Siegeszug der Wohnwagen hatte auch in Deutschland begonnen. Unter dem Markennamen Dethleffs werden bis heute Wohnmobile und Wohnwagen vertrieben.
Pferdewagen – die Vorläufer der Caravans
Ab Ende des 19. Jahrhunderts begann man in Großbritannien, Pferdewagen zu komfortablen Wohnwagen umzubauen und luxuriös auszustatten. Schon kurz nach Einführung des Autos wurde hier 1908 der erste “Caravan Club” gegründet. Wohnwagen erfreuten sich in Großbritannien bei Campingfreunden zunehmender Beliebtheit. Meist waren es Modelle „Marke Eigenbau“ oder Miniserien von Modellen, die nicht sehr viel mit den modernen Caravans zu tun hatten.
Fuhrwerke, in denen man übernachten konnte, gab es schon in der Antike. Später begannen insbesondere nichtsesshafte Bevölkerungsgruppen wie Sinti und Roma, aber auch Handelstreibende und Schausteller Kutschen und Wagen zu bauen, die sich zum Wohnen eigneten.
Mittlerweile zählt der Urlaub im Wohnwagen oder Wohnmobil zu einer Reiseform, die sich breit durchgesetzt hat. In den Niederlanden und auf den britischen Inseln sind Caravans besonders weit verbreitet. Das gilt auch für Deutschland, wobei es ein deutliches West-Ost-Gefälle gibt. Zu DDR-Zeiten war der Wohnwagen ein begehrtes und knappes Statussymbol. Heute gibt es keine Lieferengpässe mehr, die große Beliebtheit des Wohnwagens ist im Osten der Republik trotzdem geblieben.
Reisen damals-Tipp: entschleunigte Ferien mit Pferd und Wagen wie zu alten Zeiten
Urlaub im Planwagen ist in vielen naturnahen Landstrichen Deutschlands möglich, insbesondere in den fast menschenleeren Seengebieten des Nordens. Es sei eine Zeitreise, wie der „Spiegel“ einmal eine Tour durch Brandenburgs einsamer Uckermark genannt hat: Eine Woche lang zuckelt man gemächlich über Feldwege und kaum befahrene Sträßchen, vorbei an Herrensitzen und Backsteinkirchen, angetrieben von nur einem PS. Erfahrung mit Pferden sei nicht erforderlich, die Zugtiere sind gutmütige Kaltblüter, die den Weg fast allein finden. Der Planwagen ist etwa so groß wie ein Camper und bietet mit einem Stockbett und dem Tisch samt zwei Bänken, die sich zu einem Doppelbett umbauen lassen, Platz für vier Personen. „Wenn man die Wasserburg von Gerswalde ansteuert oder mit klappernden Hufen die Kastanienallee zu Schloss Kröchlendorff hinauffährt, fühlt man sich wie einer der Adligen von Arnims, die hier einst hoch zu Ross unterwegs waren,“ schreibt das Magazin.
www.liesje-trecking.de
www.reiseland-brandenburg.de
Bildquellen
- Airstream2: Koberger via Wikimedia Commons | CC BY 4.0 International
- Airstream3: National Museum of the U.S. Navy via Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Airstream4: Wikimedia Commons | WTF Public License
- Airstream5: Bene16 via Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0 Unported
- Airstream6: Lothar Spurzem via Wikimedia Commons | CC BY-SA 2.0 DE
- Airstream7: Wikimedia Commons | Public Domain Mark 1.0
- Airstream1: Terry Bone via Wikimedia Commons | CC BY-SA 2.0 Generic