Mit der Fertigstellung der Südbahn im Sommer 1857 war endlich der Traum der wohlhabenden Wiener Gesellschaft und der Aristokratie von einer schnellen Verbindung an die Adria Wirklichkeit geworden. In rund zehn Stunden brachte ein Zug die ersten privatreisenden Passagiere über die Küstenstadt Rijeka zum Mittelmeerhafen Triest. Die Fischerdörfer und Hafenstädtchen entlang der Küste Istriens entwickelten sich in der Folgezeit schnell zu touristischen Hotspots Österreich-Ungarns.
Der Bau dieser rund 600 Kilometer langen Bahnlinie war ein Jahrhundertwerk, eine Mammutaufgabe, die mit hohem Einsatz verbunden war und viele Opfer forderte. Insbesondere die Überwindung der Berge des Semmerings erwies sich als besondere Herausforderung. Für diese erste normalspurige Gebirgsstrecke Europas mussten 16 Viadukte, 15 Tunnel und 100 Bogenbrücken errichtet werden, und zwar nur aus Steinen, ohne Stahl und Eisen.
1854 war der Bau dieses Streckenabschnitts abgeschlossen; die „Semmeringbahn“ wurde zum wichtigen Impulsgeber für den Tourismus in der Steiermark. Die Wiener, die wie alle Großstädter in der Zeit der Industrialisierung unter starker Luftverschmutzung litten, waren froh, in der Sommerfrische des Semmerings Erholung zu finden. An den Haltepunkten errichtete die Südbahngesellschaft als Eigner und Betreiber der Südbahn eine Reihe von Hotels, die bis zum Ersten Weltkrieg zu den gefragtesten Edelherbergen Zentraleuropas wurden. Insbesondere das „Südbahnhotel Semmering“, ein schlossähnlicher Prachtbau, bot einen Luxus, der sommers wie winters Gäste nicht nur aus der Donaumonarchie anzog.
Heute ist das Südbahnhotel ein Kunst- und Kulturzentrum, das noch immer die Magie vergangener Zeiten verströmt.
1857 war die gesamte Strecke von Wien bis Triest, das damals zu Österreich gehörte, vollendet. Der Adel gehörte zu den eifrigsten Nutzern der Südbahn. Die Angehörigen der Kaiserfamilie reisten sogar in eigenen prunkvollen Salonwagen (natürlich mit einem großen Aufgebot dienstbarer Geister). Ein Original des sogenannten Kaiserwagens ist in Prag im Technischen Museum zu besichtigen.
Wer den damaligen Glanz und Luxus hautnah nachempfinden möchte, kann heute eine Fahrt mit dem „Majestic Imperator Train de Luxe“ von Wien an die Adria machen.
Der Majestic Imperator Train de Luxe besteht aus sieben Waggons, die nach den Plänen des berühmten Kaiserzuges der österreichisch-ungarischen Monarchie nachgebaut wurden. Wie im Original erwarten die Reisenden Salon Coupés mit je zehn Sitzplätzen, Barwagen, ein Salon im Stil eines Wiener Kaffeehauses, Restaurant und ein Unterhaltungswagen mit einem Piano. Mit Ahorn- und Nussbaumwurzel furnierte Türen, Messinggarnituren mit Griffen aus Elfenbein, meisterliche Holzschnitzarbeiten und Deckengemälde spiegeln Eleganz und Stil der Habsburger Gesellschaft wider. Der „Waggon Elisabeth“ erinnert an den Hofsalonwagen von Sisi, der österreichischen Kaiserin, und ist ganz in ihrer Lieblingsfarbe Blau gehalten. Edle Einlegehölzer aus Italien, poliertes Messing, persische Teppiche und Original-Gegenstände aus dem Besitz der Habsburger ergeben ein lebensechtes Abbild der großen Epoche Österreichs. Der Waggon besteht aus vier Abteilen mit jeweils sechs plüschigen Sitzplätzen und einem Salon mit kleinen Esstischen für 24 Personen.
Der Zug verlässt Wien um 8 Uhr. Nach dem Frühstück ändert sich die Landschaft. Die Wiener Vororte liegen schon weit zurück. Es wird hügeliger, und schneebedeckte Berge erscheinen am Horizont. Der Zug legt sich immer häufiger in die Kurve. Es folgt der 41 Kilometer lange Abschnitt „Semmering“.
Ab Ljubljana wird nicht nur die Landschaft, sondern auch die Speisenfolge mediterraner. Zur Einstimmung gibt es kroatische Spezialitäten: Paski Sir (Schafskäse) von der Insel Pag, Prsut (Schinken) aus Istrien und einen spritzigen Slahtina Wein, der auf der Insel Krk beheimatet ist. Nach knapp zehn Stunden hat der Zug Opatija, das alte Abbazia, erreicht.
Auf dem zwölf Kilometer langen Franz-Joseph-Panoramaweg, der mit Palmen, Kamelien, Bänken und Cafés garniert ist, gelangt man ins Zentrum der kroatischen Küstenstadt und zu den Perlen der Habsburger Grandhotellerie. Nach den Jugoslawienkriegen brach Mitte der 1990er-Jahre wie über Nacht wieder kaiserliches Lebensgefühl aus. Fassaden, Stuckdecken, Goldbalustraden und schweres Gründerzeitmobiliar der ungenutzten, verwahrlosten Nobelhotels wurden stilgerecht aufgemöbelt. Fast könne man glauben, dass die Zeit in Opatija bewusst angehalten wurde. Auf den Tischen der Kaffeehäuser stehen Melange und Sachertorte, die man immer noch auf Deutsch bestellen kann. Das K.-u.-k.-Flair ist noch immer allgegenwärtig.
Reisen damals-Tipp: Tagesfahrt mit dem „Majestic“ nach Opatija
Eine noble Einstimmung auf die Zugfahrt ist die Übernachtungin Wienim Hotel Altstadt Vienna unweit dem Franz-Josephs-Bahnhof. DZ/Frühstück ab ca. 160 Euro.
www.altstadt.at
Eine Reise im Salonwagen Majestic Imperator an die Adria von und nach Wien zurück kostet inklusive drei Übernachtungen in einem Vier-Sterne- Hotel wie dem Relax-Resort Miramar in Opatja rund 2.000 Euro pro Person.
www.majestic-train.com
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