Museumsplakat

Heinrich Schliemann: Weltreisender und Entdecker

Gemälde von Schliemann
Heinrich Schliemann, geb. 1822 in Neubukow, gest. 1890 in Neapel

Eine Ausstellung auf der Berliner Museumsinsel zeigt „Schliemanns Welten“ –  Welten voller Entdeckungen und Abenteuer. Bereits im Eingangsbereich wird der Besucher auf die Reisen, die Heinrich Schliemann um die ganze Welt führten, eingestimmt:

„Am 18. November 1841 verließen wir Hamburg … Am Abend kam guter Ostwind auf, alle Segel wurden gespannt … Dann Sturm aus Nord, alle Segel bis auf das Bramsegel wurden eingezogen. Der Dreimaster lag bald auf der einen, bald auf der anderen Seite. Die Pumpen waren Nacht und Tag in Bewegung, die See tobte fürchterlich. Um 6 Uhr riss das Bramsegel. Mit banger Erwartung sah jeder der Nacht entgegen. Ein furchtbarer Stoß! Schiffbruch!“

Diese erste Seefahrt von Schliemann, da ist er gerade einmal neunzehn, sollte ihn nach Venezuela führen; er will sein Glück außerhalb von Europa suchen. Doch die Reise endet nach fürchterlichen achtzehn Tagen vor der niederländischen Nordseeinsel Texel. Schliemann beschließt, nach Amsterdam zu fahren, um dort in einem Handelskontor zu arbeiten. Von Amsterdam geht es 1846 nach St. Petersburg, wo er als Handelsagent zu großem Wohlstand kommt. („Ich gelte hier und in Moskau als der schlaueste, durchtriebenste und fähigste Kaufmann.“) Von St. Petersburg unternimmt er längere Reisen nach Amerika (1851/52), durch ganz Europa (1858/59), in den Orient (1859) und von 1864 bis 1866 einmal um die Welt.

Landkarte mit den Reisen von Schliemann
Heinrich Schliemanns Reisen von 1861 bis 1866

Keine komfortable „Grand Tour“, sondern eine abenteuerliche Studienreise

Gemälde mit Tempelruinen
Der Tempel von Karnak, Ägypten (Gemälde von Eduard Hildebrandt, 1818 bis 1868)

Schliemanns Weltreise führte ihn im November 1864 von St. Petersburg nach Paris und weiter über Italien nach Tunis und Kairo. In Ägypten bestieg er ein Schiff, das ihn durch den Suezkanal und das Rote Meer über Ceylon nach Indien brachte. Er durchquerte Indien in 16 Tagen, besichtigte dabei den Taj Mahal und genoss, nach einer 14-stündigen Bahnfahrt, die Aussicht auf den Himalaya. Von Kalkutta aus umschiffte er den Golf von Bengalen und das Südchinesische Meer und erreichte schließlich über Indochina und Indonesien Hongkong, „den schönsten Hafen, den ich je gesehen habe.“

Straße im alten Hongkong
Honkong, Queens Road (Gemälde von Eduard Hildebrandt, 1818 bis 1868)
Straße im alten Peking
Peking, Runde Straße (Gemälde von Eduard Hildebrandt, 1818 bis 1868)

Von Hongkong ging es weiter nach Peking und per Reitpferd und einem ungefederten Maultierkarren zur Chinesischen Mauer. Diese Fahrt war selbst für den hartgesottenen Schliemann „eine Tortur“, wie er in seinem Tagebuch vermerkte. In Peking begeisterten ihn die Architektur der Tempelanlagen, die Badeanstalten, Teestuben und die Theater. Über das Ausmaß der Armut und Opiumsucht war er aber entsetzt. In China blieb Schliemann einen Monat, dann reiste er weiter nach Japan. Der Aufenthalt in dem noch weitgehend isolierten Kaiserreich erwies sich für Ausländer als nicht ungefährlich. Um ihn vor Überfällen zu schützen, wurde er in Edo (Tokio) ständig von Polizeibeamten begleitet. Schliemann war in Japan über die hohe Bildung und Bedürfnislosigkeit der Bevölkerung erstaunt, die anscheinend keinen Wert auf Luxusgüter legte. Von Yokohama aus verließ Schliemann auf einem Segelschiff Japan. In seiner drei Quadratmeter großen Kajüte verfasste er das Manuskript für sein Buch „Reise nach China und Japan im Jahre 1865“.  

Straße im alten San Fransisco
San Francisco (Gemälde von Eduard Hildebrandt, 1818 bis 1868)

Fünfzig Tage später erreichte er die kalifornische Küste. Von San Francisco aus reiste er auf dem Seeweg (die transkontinentale Eisenbahn war noch im Bau) nach Panama, überquerte die Landenge und fuhr per Schiff nach New York. In Amerika vermischte sich seine Reiselust wieder mit geschäftlichen Ambitionen, die ihn unter anderem nach Kuba, Mexiko und Panama führten. Nach einer kurzen Reise zu den Niagarafällen brachte ihn ein Dampfschiff in fünfzehn Tagen von New York zurück nach Europa. Auch nach seiner Weltreise unternahm er von seinem neuen Wohnsitz in Athen aus viele Reisen durch Europa und fremde Kontinente – immer voller Unruhe und Rastlosigkeit.

Zeit seines Lebens war Schliemann ein Reisender, den es selten an einem Ort hielt. Er wusste die Errungenschaften, die die industrielle Revolution mit sich brachte – internationaler Handel, Telegrafie, Dampfschiff und Eisenbahn – zu nutzen. Wenn es sein musste, nahm er auch unbequeme Fortbewegungsmittel wie Kutschen, Karren und Schlitten, Maultiere, Pferde und Segelschiffe in Anspruch. (Nur Kamele vermied er, die Schaukelei verursachte ihm Übelkeit.) Hauptsache, es ging weiter, notfalls auch zu Fuß. Da die Reisen mit großen Strapazen verbunden waren, schätzte er in den Metropolen umso mehr den Komfort der Luxushotels. Andererseits war er auch flexibel genug, in einem kargen Zimmer, einer Hütte oder sogar auf dem nackten Boden zu schlafen.

Die Ilias als Reiseführer: Schliemanns Vision wurde wahr

Nach 1868 widmete sich Heinrich Schliemann archäologischen Grabungen in Griechenland und Kleinasien. Bei der Suche nach dem legendären Troja ließ er sich von Homers „Ilias“ leiten und fand schließlich im Hügel Hissarlik erste Spuren. 1873 erklärte er der Öffentlichkeit, Troja und den Schatz des Priamos gefunden zu haben – und fand damit endlich die Anerkennung, die ihm bis dahin von der Wissenschaft versagt geblieben war. Schliemann: „Mein fester Glaube an Homer und die Tradition ist nie von der modernen Kritik erschüttert worden, und diesem Glauben verdanke ich die Entdeckung Trojas.“

Heinrich Schliemann starb 1890 in Neapel im Alter von 68 Jahren an einer verschleppten Ohrenentzündung. Sein Grab befindet sich in Athen, seinem letzten Wohnort.

Gemälde Troja
Ausgrabungen in Troja
Reisen damals-Tipp: Schliemann-Ausstellungen in Berlin und in Ankershagen
Die Ausstellung Schliemanns Welten (Laufzeit bis 6. November 2022) auf der Museumsinsel Berlin (James-Simon-Galerie und Neues Museum) verbindet die Welt des reichen Kaufmanns mit der des Wissenschaftlers, die Welt des Goldsuchers mit der des Bankiers, die Welt Homers mit der der Archäologie. Schliemanns Welten nimmt Sie mit auf seine Reisen. Vier Kontinente und unzählige Städte stehen auf dem Programm.
Ausstellungskatalog: Schliemanns Welten: Heinrich Schliemann: Kosmopolit, Geschäftsmann, Forscher: Sein Leben. Seine Entdeckungen. Sein Mythos. Hrsg. Staatliche Museen zu Berlin, Autor: Matthias Seemann, Verlag E. A. Seemann
www.smb.museum/jsg
Das Heinrich-Schliemann-Museum im mecklenburgischen Dorf Ankershagen im Müritzkreis wurde 1980 im ehemaligen Elternhaus von Schliemann eingerichtet. Die Dauerausstellung im Erdgeschoss des alten Pfarrhauses aus dem 18. Jahrhundert verfolgt die Entwicklung Schliemanns von seiner Kindheit in Mecklenburg über die Jahre als Handelskaufmann in aller Welt bis zu den Ausgrabungen in der Türkei und in Griechenland inklusive der Originalfunde aus Troja und Nachbildungen aus dem „Schatz des Priamos“.
www.schliemann-museum.de

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