Historisches Gemälde einer Küstenlandschaft mit einem alten Turm, zwei Personen im Vordergrund und Bergen im Hintergrund.

Ludwig Salvator: Mallorcas Wegbereiter für einen sanften Tourismus

Noch vor etwa 150 Jahren spielte Mallorca als Reiseziel kaum eine Rolle – bis der österreichische Erzherzog Ludwig Salvator, den man später den „König der Balearen“ nannte, die wilde Schönheit der Insel in einem illustrierten Monumentalwerk feierte und bekannt machte. 1878 erhielt er hierfür auf der Pariser Weltausstellung eine Goldmedaille. Zwanzig Jahre später folgte die zweibändige Volksausgabe „Die Balearen, geschildert in Wort und Bild“. Mallorca und seine Nachbarinseln waren nicht länger ein weißer Fleck auf der touristischen Landkarte Europas.

Porträt eines Mannes mit dunklem Haar und Schnurrbart, gekleidet in einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte, vor einem dunklen Hintergrund.
Erzherzog Ludwig Salvator (1878 – 1915) mit zwanzig Jahren

In der Thronfolge der Habsburger belegte Erzherzog Ludwig Salvator nur den siebzehnten Platz, doch damit hatte der uneitle Spross des toskanischen Zweiges des Hauses Habsburg-Lothringen kein Problem. Politischer Ehrgeiz war ihm fremd und höfisches Zeremoniell verabscheute der 1847 in Florenz geborene Ludwig. Seine Leidenschaft galt schon früh dem Meer und den Ländern des Südens. Er war musisch und naturwissenschaftlich interessiert und liebte es, Fakten zu sammeln. Fünf Jahre studierte Ludwig mit großem Eifer unter anderem Zoologie, Botanik und Mineralogie, bevor er mit seiner 50-Meter-Dampfsegelyacht „Nixe“ aufbrach, um auf zahlreichen Seereisen den gesamten Mittelmeerraum zwischen Nordafrika und Griechenland zu erkunden. Sein Cousin, Kaiser Franz Joseph, war vermutlich ganz froh, den “dicken Luigi“, wie er ihn nannte, meist weit entfernt zu wissen. Der lebensfrohe Globetrotter galt als Sonderling, über den man sich am Wiener Hof über seine abgewetzte Kleidung und sein unangepasstes Benehmens lustig machte.

Historisches Schwarz-Weiß-Foto eines Dampfschiffs mit drei Masten, das in einem Hafen vor Anker liegt, mit Bergen im Hintergrund.
Rudolf Salvators Yacht „Nixe“

Forscher und Chronist des Mittelmeers

Ludwig war jahrelang auf dem Meer unterwegs, meist in Begleitung einer bunt zusammengewürfelten Reisegesellschaft von Männern und Frauen und von Hunden, Katzen und Vögeln. Sogar ein Schimpanse, der auf den Namen „Gorilla“ hörte, war dabei. „Der Wandertrieb ist dem Menschen angeboren“, schrieb er später, „nur die Pflichten der sogenannten Zivilisation brachten ihn zum sesshaften Leben.“ Auf seinen Reisen war er unermüdlich damit beschäftigt zu forschen, zu schreiben und zu zeichnen. Über achtzig Arbeiten über die Inseln und Küstenstriche des Mittelmeers begründeten seinen Ruf als wohl bedeutendster Erforscher des Mittelmeerraums.

Panoramablick auf eine Küstenlandschaft mit steilen Klippen, klarem blauem Meer und bewachsenen Hügeln unter einem weiten, teilweise bewölkten Himmel.
Aussicht von San Marroig

1867, da war er zwanzig, hatte er zum ersten Mal Mallorca besucht, der Insel, der von da an seine ganze Leidenschaft gehören sollte. Drei Jahre später machte er die Insel zu seinem Lebensmittelpunkt. An der Nordküste, in den Ausläufern des Tramuntana-Gebirgszugs mit den senkrecht aus dem Meer ragenden Felswänden, den uralten Ölbaumterrassen und malerischen Bergdörfern erwarb er – nicht immer mit eigenem Geld – nach und nach zwischen Valldemossa und Deià mehrere Landgüter. Schließlich besaß er ein etwa sechzehn Kilometer langes und zehn Kilometer ins Landesinnere reichendes Gebiet. Er restaurierte Herrenhäuser und Fincas, schützte die uralten Ölbäume vor den Äxten der Bauern und ließ steinerne Bänke, Aussichtspunkte (Miradores) und Pfade in den Bergen anlegen, die heute als Wanderwege dienen. Kein Baum durfte auf seinem Besitz gefällt werden, Tiere, die nicht der Ernährung dienten, nicht getötet werden. Der Arxiduc, wie der Erzherzog bald respektvoll genannt wurde, war einer der ersten Umweltschützer seiner Zeit – und der Wegbereiter für den mallorquinischen Fremdenverkehr. Es lag ihm viel daran, die wilde Schönheit des nördlichen Küstenstrichs mit anderen zu teilen zu können. Für die noch seltenen Touristen jener Tage errichtete Ludwig die Hospederia Ca Madó Pilla, ein Gästehaus, in dem bis zu zwanzig Reisende drei Tage gratis übernachten konnten. (Das Essen mussten sie allerdings selbst mitbringen.)

Historisches Gebäude mit Steinfassade und einem hohen Turm, umgeben von Bäumen und einem gepflasterten Hof unter klarem blauem Himmel.
Son Marroig

Auf Mallorca wird Ludwig Salvator bis heute verehrt

Die Gastfreundschaft Ludwig Salvators war legendär. Auf seinem Hauptwohnsitz, erst war es das ehemalige Kloster Son Miramar, später kam Son Marroig hinzu, liebte er es, Besucher zu empfangen und ihnen seine Ländereien zu zeigen. Unterhalb von Son Marroig ankerte die Yacht des Erzherzogs. Immer wieder unternahm er mit der „Nixe“ Forschungsfahrten zu kleinen, naturwissenschaftlich noch wenig erschlossenen Inseln wie den Liparischen Inseln im Norden Siziliens oder den Ionischen Inseln in der Ägäis. Auch die „Miramar“, das Schiff der Kaiserin Elisabethvon Österreich, ging vor Son Marriog vor Anker, als sie ihren Cousin Weihnachten 1892 besuchte. Mit Sisi verband ihn eine enge Freundschaft. Die unstete „Reisekaiserin“, die wie Ludwig sich lieber auf oder am Meer aufhielt als am Wiener Hof, sah in ihm ihren Seelenverwandten.

Aussicht von einer Säulenveranda auf ein klassisches Pavillon und eine Küstenlandschaft bei Sonnenuntergang, mit Bergen und Meer im Hintergrund.
Blick von der Terrasse von Son Marroig

Son Marroig ist heute ein Museum. Gezeigt werden Memorabilia des Erzherzogs. Der Mirador von Son Marroig, ein kleiner ionischer Tempel aus weißem Carrara-Marmor ist eines der beliebtesten Fotomotive Mallorcas.

Weißes Pavillon auf einem steinernen Plateau mit Blick auf eine bewaldete Küstenlandschaft und das Meer, im Hintergrund sind Berge zu sehen.
Der Mirador von Son Marroig

In Wien nährte der unkonventionelle Lebensstil des Junggesellen die Gerüchte um den „komischen Heiligen“. So soll er beiden Geschlechtern zugetan gewesen sein und zahllose Affären gehabt haben, aus denen eine große Kinderschar hervorging. Ihn störte das Getuschel nicht. Er „lebe lieber vielfältig als einfältig“ konterte er alle Anwürfe. Rudolf bevorzugte die Gesellschaft einfacher Leute, und wenn man ihn auf der Insel in seiner schäbigen Kleidung für einen Landarbeiter hielt, gefiel ihm das.

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, beorderte der Kaiser ihn zurück nach Österreich. Im Oktober 1915 starb Ludwig Salvator an den Folgen einer chronischen Erkrankung seines Lymphsystems. Beigesetzt wurde er in der Kapuzinergruft in Wien. Seinen visionären Ideen und innovativen Naturschutzprojekten ist es mit zu verdanken, dass sein Refugium, die Serra di Tramuntana vom Massentourismus und der damit einhergehenden immensen Bebauung ab den sechziger Jahren weitgehend verschont geblieben ist. 2011 wurde das Gebiet zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt.

Bronzebüste von Erzherzog Ludwig Salvator von Habsburg-Lothringen auf einem Steinsockel mit Inschrift, umgeben von grüner Vegetation.
Büste von Ludwig Salvator im Garten der Kartäuse von Valldemossa

In der Kartäuse von Valldemossa, einem ehemaligen Kloster des Kartäuserordens und heutigen Museum, ist eine Abteilung dem Erzherzog gewidmet. Außerdem sind hier die Zellen zu besichtigen, in denen die Schriftstellerin George Sand und der Komponist Frédéric Chopin im Winter 1838/39 wohnten.

Reisen damals-Wander- und Ausflugstipp: Auf den Spuren des Erzherzogs
Für Mallorca-Besucher, die die Gegend, in der Ludwig Salvator lebte, erkunden wollen, hält der Blog  „Tischgespräch“ einen Wandertipp bereit: „Die Wanderung besteht eigentlich aus einem Waldspaziergang und zwei Wanderungen: Dem Weg über den Coll de Son Gallard und auf der anderen Seite herunter nach Valldemossa, oder aber – mit Start in Valldemossa – dem Weg hinauf zum Mirador de ses Puntes und wieder zurück. Du kannst die Teilstrecken aber auch als eine etwas größere Wanderung machen. Die Wanderungen bringen dich mitten in die wunderbare Welt des Tramuntana-Gebirges, mit fantastischen Ausblicken von Palma bis Soller. Für den Waldspaziergang wirst du etwa zwei Stunden benötigen, für die Wanderung über den Coll zirka 5 Stunden und für die Wanderung zum Mirador de ses Puntes und zurück etwa 3 Stunden. Die Wege sind gut und sicher, manchmal natürlich etwas steil und von Valldemossa herauf (oder herunter) ziemlich steinig.“ Weitere nützliche Informationen liefern die Tischgespräch-Blogbeiträge „Auf den Spuren des Erzherzogs Ludwig Salvator“ und „Wandern über den Coll de Son Gallard“.

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