Schiff Queen Mary bei der Ausfahrt

Queen Mary: die First Lady der Meere

Es ist schon paradox. Die größten und teuersten Schiffe in der Geschichte der Linienschifffahrt, die Normandie und die Queen Mary, wurden in einer Zeit gebaut, als die Weltwirtschaft am Boden lag. Es waren Prestigeobjekte im Wettbewerb der Nationen – aber auch Symbole der Hoffnung und des Patriotismus. Trotz der sündhaft hohen Preise für Überfahrten in der 1. und 2. Klasse mangelte es an Passagieren zunächst nicht. Genügend reisefreudige Reiche, die sich ein Ticket leisten konnten, gab es auch in der Krise. Dennoch nahm der Konkurrenzkampf unter den Reedereien zu, und einige mussten um ihr Überleben kämpfen.

1933 fusionierte die Cunard Line die White Star Line zur Cunard White Star Ltd. Mit Hilfe von Subventionen der britischen Regierung konnte der wegen der Wirtschaftskrise in den Industrienationen zeitweilig gestoppte Bau der Queen Mary fortgesetzt und ein neues Schiff, die Queen Elizabeth, in Auftrag gegeben werden. Im Mai 1936 absolvierte die Queen Mary von Southampton über Cherbourg nach New York ihre Jungfernfahrt.

Ab sofort entbrannte zwischen der Queen Mary und der etwas älteren Normandie ein ständiger Kampf um das Blaue Band, um die schnellste Atlantikpassage. Mal lag die Normandie vorn, mal die Queen Mary. Dabei ging es mitunter nur um Minuten. Im August 1938 erlangte die Queen Mary das Blaue Band endgültig von der Normandie zurück und behielt es bis 1952. Mit der US-amerikanischen United States hatte ab dann ein noch schnelleres Passagierschiff den Dienst aufgenommen.

Art Déco auf amerikanisch

Die Bemühungen der Cunard White Star mit der Eleganz und dem Flair der Normandie zumindest gleichzuziehen, führten nicht zum gewünschten Ergebnis. Technik und Größe, auch der Kabinen und Aufenthaltsräume, der beiden Schiffe waren nahezu identisch. Doch die stilsichere Eleganz der Normandie erreichte die Queen Mary nicht. Statt edler Materialien begnügten sich die Ausstatter mit Holz statt Glas und mit Linoleumböden, Kunststofftischen und „auffällig“ gemusterten Teppichen. Das übergestülpte Art-Déco-Dekor konnte da nicht mehr viel retten.  Vielleicht war die Ausstattung auch ein Zugeständnis an den Geschmack der vielen amerikanischen Passagiere. Dennoch, wer zum ersten Mal die Queen Mary betrat (und die Normandie nicht kannte), war von der Opulenz der Queen Mary beeindruckt.

Speisesaal der Queen Mary
Der Speisesaal

Endstation Museum

Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beendete den zivilen Liniendienst der Queen Mary. 1940 lief sie von New York nach Sydney aus, um dort für den Einsatz als Truppentransporter umgebaut zu werden. 1946 wurde das Schiff an die Cunard White Star Line zurückgegeben und generalüberholt. Bis Mitte der fünfziger Jahre befuhr die Queen Mary zusammen mit ihrem Schwesterschiff Queen Elizabeth den Nordatlantik und gewann sofort ihre alte Popularität aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und des exzellenten Service zurück. Doch der zunehmende transatlantische Flugverkehr bedeutete für die langsamen Passagierdampfer Mitte der sechziger Jahre das geschäftliche Aus. 1967 erwarb die Gemeinde Long Beach in Kalifornien die Queen Mary und baute sie zum Hotel und Museum um. Seitdem liegt sie dort im Hafen und wird auch als Tagungs- und Veranstaltungszentrum sowie für Hollywood-Produktionen genutzt, darunter Blockbuster wie „Blondinen bevorzugt“, „Die Höllenfahrt der Poseidon“, „Pearl Harbour“ oder „SOS Titanic“. Touristen können das Schiff besichtigen und dabei den Gruselgeschichten, die um die Queen Mary kreisen, lauschen. Angeblich treiben dort Geister von auf dem Schiff verunglückten Personen ihr Unwesen und erschrecken harmlose Besucher und Gäste. Amerikanische Marketingexperten sind eben sehr erfindungsreich.

Schiff Queen Mary an der Kaimauer
Die Queen Mary am Kai von Long Beach, L.A.

QM 2:  Die Legende lebt weiter

Die Queen Mary 2, seit ihrer Jungfernfahrt im Jahr 2004 das Flaggschiff der Cunard-Flotte, ist heute der einzige Oceanliner für linienmäßige Transatlantikpassagen. Die QM 2, wie sie kurz genannt wird, soll den Passagieren das Feeling vermitteln, an Bord eines der Giganten des frühen 20. Jahrhunderts zu sein.

Passagierschiff Quen-Mary 2
Die Queen Mary 2
Im Inneren der Queen Mary
Blick hinunter in die „Grand Lobby“

Mit der alten Queen Mary hat die QM 2 nicht mehr allzu viel gemein. Doch auch sie ist ein beeindruckendes Schiff. Es ist die Symbiose der Ausstattungsmerkmale moderner Kreuzfahrtschiffe mit der Linienführung der klassischer Transatlantikliner, die die QM 2 einzigartig macht. Und es ist ihre etwas andere Klientel. Viele der rund 3.100 Passagiere sind auf der Suche nach einer verlorenen Zeit, einer Zeit der Geruhsamkeit, der Eleganz und des Glamours. (Für die „formellen“ Events dürfen Smoking bzw. das kleine Schwarze im Gepäck nicht fehlen.)

Aber diese Zeit ist auch an Bord der QM 2 vorbei. Und so genießen die Passagiere sieben Tage lang die Unterhaltungsmöglichkeiten und die Annehmlichkeiten wie auf jedem 4-Sterne-Kreuzfahrtschiff. Langeweile dürfte kaum aufkommen, denn die QU 2 hat eine Menge zu bieten: Spielcasino, Einkaufszentrum, sieben Restaurants, Theater, Kinosaal und ein Planetarium, Pubs, Bars und Lounges, Nachtclub, Pools usw. – aber keine Monster-Rutschbahnen Kletterwände oder Kart-Bahn. Angesichts des höheren Alters der Passagiere gibt es auch eine Leichenhalle, in der mehrere Särge untergebracht werden können.

Heckansicht Queen Mary2
Die Queen Mary 2 auf der Elbe bei Glückstadt
Reisen damals-Tipp: Minikreuzfahrt auf der Queen Mary 2
Dreitägige Kreuzfahrten von Hamburg nach Southampton (und umgekehrt) werden schon für wenige hundert Euro (2022) angeboten. Eine gute Gelegenheit zu testen, ob an Bord noch etwas vom einstigen Flair auf der guten alten Queen Mary zu spüren ist. In jedem Fall aber ist es ein außergewöhnlicher Trip auf einem außergewöhnlichen Schiff. Preisgünstige Flüge von oder nach England können dazu gebucht werden.
Wer nur einen Blick auf die Queen Mary 2 werfen möchte, sollte sich in Hamburg das Ein-und Auslaufen des Schiffs nicht entgehen lassen. Die QM 2 läuft regelmäßig Hamburg an und macht am Hamburg Cruise Center in der Hafen City fest. Während dieser Zeit läuft manchmal unter dem Namen „Queen Mary 2 Day“ ein Rahmenprogramm, das auch die Besichtigung des Schiffs ermöglicht.
www.cunard.com

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