Illustration Luftschiff über Landkarte

Mit der Graf Zeppelin in drei Tagen nach Südamerika

Nach einer gelungenen Testfahrt nach Rio de Janeiro im Mai 1930 nahm die Graf Zeppelin im August 1931 den regelmäßigen Fahrbetrieb nach Südamerika auf. Nach einer Zwischenlandung in Sevilla ging es weiter über Gibraltar und Tanger zur Nordwestspitze von Afrika und in den Atlantik.

Etwa 350 km vor der brasilianischen Küste überquerte das Schiff die Sträflingsinsel Fernando de Noronha; drei Stunden später wurde die Küste erreicht. Der Aufenthalt währte nur kurz. Meist ging es nach dem Entladen und Beladen von Post und Fracht – darunter befand sich gelegentlich sogar ein Sportflugzeug oder ein Auto – und dem Auftanken und Nachfüllen südwärts nach Rio de Janeiro. Für diese Strecke brauchte das Schiff je nach Windverhältnissen 16 bis 24 Stunden.

Luftschiff über Küste
Luftschiff (hier die Hindenburg) über Fernando Noronha. Gemälde von Alexander Kircher

Brasilianische Impressionen

Die Aussicht entlang der Küste auf die Tropenlandschaft war traumhaft: langgestreckte weiße Strände, ein tiefblaues Meer, endlose Palmenhaine, kleine Steinhütten, ab und zu ein Fischerdorf oder vorgelagerte Felseninseln. Menschen und Tiere richteten erstaunt den Blick nach oben, und immer wieder versuchte eine Schar jubelnder Kinder, dem Schiff nachzulaufen. Manchmal, wenn in einem Küstenstädtchen ein Fest gefeiert wurde, drang fröhliche Samba-Musik zum Luftschiff hinauf. Der Zeppelin schwebte hinweg über buntbemalte hölzerne Frachtboote mit ihren typischen großen Rahsegeln und erreichte schließlich Salvador da Bahia, die alte Kolonialstadt mit der malerischen Altstadt, den Barockkirchen und dem portugiesischen Fort mitten im Hafenbecken. Und schließlich kam Rio de Janeiro in Sicht.

Werbeplakat Zeppelinfahrt nach Südamerika
Hapag-Werbeplakat (Entwurf: Jupp Wiertz, 1930)

Der Ausblick auf Zuckerhut und Copacabana verzauberte auch den Luftschiff-Offizier Albert Sammt immer wieder: „Ob es nun Nacht war und die Christusstatue hell angestrahlt war oder ob die Morgensonne über den Häusern lag – das Panorama war überwältigend schön.“

Luftschiff über Küste
Die Graf Zeppelin im Anflug auf Rio de Janeiro (1934)

Der Zeppelin landete etwa 60 km südwestlich von Rio. Hier befanden sich ab 1936 eine feste Halle mit fahrbarem Ankermast, ein Versorgungsdepot und der Bahnanschluss nach Rio. Nach zwei oder drei Tagen ging die Fahrt zurück über Recife nach Europa, manchmal auch weiter nach Buenos Aires.

Luftschiff über Stadt
Die Graf Zeppelin über Buenos Aires

Im Oktober 1933 startete die Graf Zeppelin zu einer der seltenen Dreiecksfahrten: Von Deutschland aus ging es nach Recife, dann nordwärts entlang der brasilianischen Küste über die Karibik, Florida und Lakehurst in New Jersey zurück nach Sevilla und Friedrichshafen. Auf der ersten Etappe blickten die Passagiere auf die Dünenlandschaften bei Natal, auf Küstenurwälder, Korallenriffe und spielende Delfine und bei Fortalezza auf endlose Sandklippen, die immer wieder die Farbe wechselten. Doch richtig beeindruckt waren die Fahrgäste, als der Amazonas in Sicht kam. Eine gewaltige gelbbraune Wasserfläche erstreckte sich von der „Gummistadt“ Belem bis zu den Mündungsarmen im Norden.

Foto Blätterdach Regenwald
Tropischer Regenwald

Über dem Amazonas-Delta

Zwei Stunden flog das Schiff tief in die Mündung hinein, über fast endlose Schilf- und Sumpfgebiete. Alligatoren räkelten sich unter der Äquatorsonne auf den Inseln im Fluss. Riesige Schwärme rosaroter Flamingos, aufgescheucht durch das silberne Luftschiff, beherrschten den Himmel. Aus den Urwäldern und den Mangroven an den Ufern des Stroms erhoben sich zahllose Gruppen von Vögeln aller Art: Papageien in allen Farben, rote Ibisse, weiße Reiher und Schwärme bunter Kolibris. Aus einer Höhe von nur hundert Metern war auch das Geschrei aufgeregter Kapuzineräffchen zu hören. Ein feuchtschwüles Naturparadies unberührter Natur.

Die Fahrt ging weiter über Guayana, Venezuela und Haiti nach Miami, wo das Schiff am Ankermast eine zehnstündige Pause machte, bevor es über Lakehurst die Heimreise antrat.

Auch das Luftschiff Hindenburg, das am 4. März 1936 in Frankfurt/M. in den Dienst gestellt wurde, fuhr einige Male auf der Südamerika-Linie. Im Fernverkehr bediente dieser Gigant der Lüfte hauptsächlich die Route nach Nordamerika. Für das raue Nordatlantikwetter war die größere und damit robustere Hindenburg besser geeignet als die kleinere und ältere Graf Zeppelin.

Bis zum Ende der kommerziellen Luftschifffahrt nach Südamerika im Jahr 1937 überquerte die Graf Zeppelin 130-mal den südlichen Atlantik, die Hindenburg 16-mal. Immer vollbesetzt und ohne größere Probleme.

Reisen damals-Lesetipp: „Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline“
Der Autor Horst Kleinert beschreibt die Anfänge der zivilen Luftschifffahrt und ihre große Zeit bis zu ihrem jähen Ende am 6. Mai 1937. Dabei steht nicht die Technologie im Vordergrund, sondern das Reiseerlebnis für die Passagiere. Außerdem widmet sich das Buch der Frage, ob ein Neuanfang der touristischen Luftfahrt mit innovativen Großraum-Zeppelinen denkbar ist. Thurm-Verlag, Lüneburg (2017), 164 Seiten, € 14,90.
www.thurm-verlag.de
Cover des Buches Traumreisen mit dem Luftschiff
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